Die Story von Mymuesli
von Claus Hornung
Zu wenig Schokolade, zu viele Rosinen und warum hat noch niemand an Mangostücke gedacht? Auf Mymuesli.com kann jeder Müsliebhaber seine persönliche Lieblingsmischung mischen und bestellen.
Ein Tipp in Sachen Geschäftsgründung gleich vorneweg: Umfragen taugen nur bedingt zur Marktforschung. Als Hubertus Bessau, Philipp Kraiss und Max Wittrock planen, einen Internetshop zu eröffnen, in dem man sich aus 75 Zutaten die eigene Müslimischung zusammenstellen kann, verschicken sie eine Rundmail.
Die Antworten von 450 Freunden und Bekannten fördern zwei Ergebnisse zutage. Erstens: Alle Befragten sind auf der Suche nach der perfekten Mischung. Zweitens: Niemand will Müsli im Internet kaufen. "Hätten wir uns auf die Umfrage verlassen, hätten wir es nie machen dürfen", sagt Bessau.
Erste Firmengründung während des Studiums
Fünf Monate später haben die drei mit Mymuesli rund 125.000 Euro Umsatz *erzielt. Sie beschäftigen zehn studentische Aushilfen - und wundern sich immer noch. "Wir haben gedacht: Das ist ein tolles Produkt, aber eine ganz schlechte Geschäftsidee.
"Es ist nicht die erste eigene Firma, mit der Bessau und Kraiss an den Start gehen. Die beiden eröffnen bereits während ihres BWL-Studiums eine Automatenvideothek. "Dabei haben wir mehr gelernt als auf der Uni. Uns war klar, dass wir danach wieder etwas Eigenes machen."
Auf die Idee kommen sie durch einen schlechten Müsliwerbespot. Sie sind sicher: Wir könnten nicht nur einen besseren Spot machen, sondern auch ein besseres Müsli. Eines, das jedem schmeckt. Dem Mangoliebhaber, dem Rosinenhasser und dem Haselnussallergiker. Weil er es selbst zusammenstellen kann. Und weil alle Zutaten aus biologischer Produktion stammen.
Halbes Jahr Vorbereitung
Für die rechtliche Fragen und Pressearbeit holen sich Bessau und Kraiss ihren Freund Max ins Team, einen Juristen mit journalistischer Ausbildung. Ein halbes Jahr lang programmieren die drei ihre Seite, recherchieren Lieferanten von Ökozutaten und einen Verpackungshersteller, der die gewünschte runde Dose anbietet, ohne eine Mindestabnahme von sieben Millionen Stück pro Jahr zu verlangen.
In die erste Lieferung investieren sie 4000 Euro. Weitere 1000 Euro stecken sie in die "Manufaktur", den 30 Quadratmeter großen Raum, in dem sie das Müsli von Hand abfüllen. Das Lebensmittelgesetz verlangt Boiler, Waschbecken, Glattputz und Latexfarbe sowie geeichte Waagen, Stückpreis 300 Euro.
Nur ins Marketing investiert Mymuesli keinen Cent. Die Werbung entsteht - dem Umfrageergebnis zum Trotz - im Internet. Dort schreiben Bessau und Wittrock einen Blog über "Konsumgütervielfalt und Ästhethik".
"Wir wollten das Medium kennen lernen", sagt Bessau. Sie lernen, wie schnell interessante Seiten weiterverlinkt werden, wenn meinungsstarke Blogs darauf hinweisen. Die Jungunternehmer kommen mit anderen Bloggern in Kontakt und können so 150 E-Mail-Adressen von Bloggern einsammeln, die rechtzeitig zum Geschäftsstart von Mymuesli benachrichtigt werden wollen.
Am 30. April 2007, um fünf Uhr morgens, schalten sie die Seite frei. "Wir saßen vor dem Monitor, und es hätte uns nicht gewundert, wenn es nachmittags um drei Uhr einmal ,pling' macht, und das ist die erste Bestellung", sagt Bessau, "aber die Seite war gerade ein paar Sekunden freigeschaltet, und es machte pling-pling-pling-pling-pling."
Nicht auf den billigsten Anbieter setzen
"Innerhalb weniger Tage gibt es 400 Blog-Einträge und um die 100.000 Einträge bei Google. Die Bestellungen kommen so schnell, dass nach zwei Wochen die Dosen ausgehen. Die Blogosphäre hilft auch bei unternehmerischen Startschwierigkeiten.
"Als wir die Dosen in Pakete verpacken wollten, bekamen wir 30 Mails, in denen uns Hersteller empfohlen wurden." Auch ein gutes Logistikunternehmen können die bloggenden Kunden empfehlen, als der Dienstleister, den Mymuesli zuerst beauftragt hat, ständig beschädigte Ware ausliefert. Dazu gleich noch ein Tipp von Hubertus Bessau: "Niemals einen Anbieter nehmen, nur weil er der Billigste ist."
* Ursprünglich stand hier, das Mymuesli innerhalb der ersten fünf Monate mehr als 12.000 Dosen verkauft und 70.000 Euro Umsatz erzielt hätte. Dies beruhte auf einem Rechenfehler auf Seiten der FTD.
Gegründet: April 2007
Firmensitz: Passau
Geschäftsführer Hubertus Bessau, 27, Philipp Kraiss, 27, Max Wittrock, 25
Geschäftsidee: Müsli aus 75 Zutaten online mischen und bestellen
FTD.de, 30.09.2007
Dosen, Waffeln und andere Behälter
von Claus Hornung
Ein wenig Frust schwingt in der Stimme von Hubertus Bessau mit, als er von der Fachpack erzählt. Mit einem langen Einkaufszettel waren er und Mymuesli-Praktikant Daniel zu der Verpackungsmesse in Nürnberg gefahren.
Doch hinter den meisten Punkten der Liste steht noch kein Häkchen. Einer der Punkte: ein Versand-Karton. Umweltfreundlich, möglichst bedruckt und günstiger als beim derzeitigen Zulieferer. Ein Problem ist das zweifarbige Logo.
"Man zahlt pro Farbe", sagt Bessau. Zweites Problem sind die unterschiedlichen Größen. "Wir brauchen Kartons für eine Dose, für vier und für sechs." Schwierig. Ohne Trenngitter, reiben die Dosen aneinander. Gibt's ein Trenngitter - der Fachmann sagt "Gefache" - wird es schwierig, später einmal Nachfüllpacks einzuführen, nach denen viele Kunden fragen.
Überhaupt, Nachfüllpacks. PVC-Beutel gehen nicht. Zu umweltschädlich. Theoretisch gäbe es Beutel aus Maismehl. "Aber kaum einer bietet sie an." Ganz zu schweigen von einer Abfüllanlage. Kostenpunkt: zwischen 500.000 und 3 Mio. Euro.
"Und dann können die maximal vier Zutaten abfüllen. Als wir sagten, wir haben 75 Zutaten, haben alle die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen." Und auch für die geplante 75-Gramm-Probierdose, die nicht höher als 5 Zentimeter sein soll ("Dann kann man sie als Maxi-Brief für 1,65 Euro verschicken"), hat sich noch kein passender Anbieter gefunden.
Gründer und Investoren
Da war es mit den "Müsli-Shots" einfacher. 400 davon verteilten Philipp Kraiss und Max Wittrock bei einer Model-Nacht in der Münchner Schickeria-Disco "P1. Der Club hatte nicht genug Gläser. "Und Plastik wollten wir nicht", sagt Bessau und lacht: "Umweltgründe - mal wieder."
Also gab's die löffelgroße Portion mit Joghurt oder Lassi aus Waffelbechern. "An dem Abend waren wir Gesprächsthema", sagt Bessau, "ob das langfristig was bringt, ist schwer zu messen." Auch darum haben sich die drei jetzt Verstärkung ins Boot geholt. Spreadshirt-Gründer Lukasz Gadowski und Investor Kolja Hebenstreit, ebenfalls von Spreadshirt, sind bei Mymuesli eingestiegen.
Als Investoren mit fünf beziehungsweise einem Prozent Anteil. Und als Berater, insbesondere in Sachen Online-Marketing. "Es ist gut, jemanden dabei zu haben, der weiß, was im Internet funktioniert", sagt Bessau, "die PR-Welle, die wir zurzeit haben, kann uns nicht ewig tragen."
FTD.de, 02.10.2007
Überforderte Rechner, umstrittene Partner
von Claus Hornung
Am Freitag wird sich zeigen, ob sich die Nachtschichten, die Hubertus Bessau seit vergangener Woche eingelegt hat, gelohnt haben. Dann soll die neue Internet-Seite des Unternehmens programmiert sein.
Benutzerfreundlicher und sicherer soll sie sein. Entscheidender aber ist: Bis dahin muss das funktionieren, was Bessau das "selbst gebastelte Load Balancing" nennt.
Denn am Freitag sendet Galileo einen Beitrag über Mymuesli. "Nach jeder Fernsehsendung hatten wir bislang einen Peak an Bestellungen", erklärt Bessau. Den letzten dieser überdurchschnittlichen Ausschläge erlebten die Gründer nach einem ARD-Bericht. Zuviel für ihren Server. "Der ging leider in die Knie."
Kampf gegen Überlastung
Um solche Überlastungen auszugleichen gibt es "Load Balance"-Verfahren, bei denen die Rechnerlast auf bis zu 50 Server verteilt wird. "Das würde rund 500 Euro im Monat kosten. Auch, wenn wir es vielleicht nur einmal im Monat brauchen." Bessau und seine Partner probieren es jetzt mit zwei Servern, für einen Einrichtungspreis von jeweils 100 Euro und 49 Euro Monatsgebühr. Technischen Rat holten die drei sich von einem Bekannten, der die Seite sevenload mit betreibt.
Zwei andere Partner aus dem Web-2.0-Bereich stießen im Kreise der Kunden und Fans von Mymuesli teilweise auf Kritik: Mit dem Einstieg von Spreadshirt-Gründer Lukasz Gadowski und Kolja Hebenstreit, einem der Gründungsinvestoren von StudiVZ, drifte Mymuesli "wohl in eine komische Richtung ab", heißt es in einem Blog-Eintrag.
Bessau nimmt es gelassen. Gadowski und Hebenstreit seien als Geschäftsleute gute Partner. "Und bislang hat mir niemand richtig erklären können, was genau ihn eigentlich an denen stört." Klar, seien bei StudiVZ ein paar "blöde Sachen" gelaufen, "Filme von Menschen, die heimlich auf dem Klo aufgenommen wurden", sagt Bessau. "Das ist anstößig. Aber dass sich das gleich auf die Investoren überträgt..."
Keine Comedy-Veranstaltung
Vielleicht schlichtes Missfallen daran, dass ein Internet-Startup auch kaufmännisch agiert? Dagegen spricht die überwiegende Zahl von Glückwünschen, die es aufgrund der Veröffentlichung von Umsatzzahlen auf enable.de gab.
"Einige meinten: Wir dachten bis jetzt, dass wäre eine Comedy-Veranstaltung", sagt Bessau grinsend. Das dürfte nun widerlegt sein. Dabei war der Umsatz wegen eines Rechenfehlers auf Seiten der FTD mit 70.000 Euro sogar zu niedrig angegeben: Tatsächlich lag er nach fünf Monaten bei rund 125.000 Euro.
FTD.de, 09.10.2007
Voller Ausschlag
von Claus Hornung
Planänderung kurz vor dem Showdown: Wenige Tage vor der Galileo-Sendung am vergangenen Freitag entschlossen sich die Mymuesli-Macher, die geplanten Änderungen an ihrer Homepage vorerst zu verschieben. Hauptsache, der Server übersteht den erwarteten Peak.
"Wir wollten nicht zwei mögliche Fehlerquellen gleichzeitig haben", sagt Hubertus Bessau, "und da wir an der neuen Seite auch ein paar Änderungen planen, wäre es ein zu großes Risiko gewesen." Darum wurde vor der Sendung die Mymuesli-Seite "statisch" geschaltet.
So blieb beispielsweise die Zufalls-Müslimischung, die dort zuvor täglich neu präsentiert wurde, für einige Zeit unverändert. Und für kurze Zeit konnte auch nicht auf die neue Mymuesli-Zutat zugegriffen werden: Hanfnüsse.
Die sind auch Bestandteil der ersten fertig gemischten frei verkäuflichen Mymuesli-Kreation "Back to Hemp", die seit vergangener Woche im Passauer Hip-Hop-Laden "Back to Back" angeboten wird. Dahinter stehe der Wunsch, die alte Nutzpflanze, mit einem gesetzlich erlaubten und damit rauschfreien THC-Gehalt, wieder populär zu machen, sagt Hubertus Bessau, "und es schmeckt gut."
Bestätigte Erfahrungen
Immerhin, als sie die erste Lieferung der 30 Dosen Startedition eine Viertelstunde vor Geschäftsöffnung anlieferten, warteten bereits drei Kunden darauf. Ähnlich ungeduldig waren auch die Galileo-Zuschauer, die am Freitag dann alle Erwartungen übertrafen.
Um 19.05 Uhr startete die Sendung. Um 19 Uhr verzeichnete die Mymuesli-Seite bereits mehr als 200.000 Hits, ab 20 Uhr mehr als 800.000 - gegenüber dem 18-Uhr-Wert eine Steigerung um rund 6400 Prozent.
Damit bestätigte sich, was Hubertus Bessau zuvor in einem Artikel in einem Blog über ähnliche Erfahrungen mit Fernsehberichten gelesen hatte: "Bei den Privaten scheinen die Leute sprichwörtlich mit dem Laptop auf den Knien vorm Fernseher zu sitzen."
Nächsten Dienstag lesen Sie hier, wieviel 800.000 Hits umgerechnet in Müsli-Bestellungen bedeuten.
FTD.de, 16.10.2007
Nach der Flut
von Claus Hornung
Schlafmangel, die zweite. Nachdem der Mymuesli-Server dank durchgearbeiteter Nächte dem Galileo-Ansturm standhielt, müssen die Mymuesli-Gründer nun die Bestellungen abarbeiten.
"Wir hatten mit einer Welle gerechnet, aber es kam eine Art Tsunami", sagt Hubertus Bessau, auch noch eine Woche später sichtlich beeindruckt - und müde. Denn nicht nur die Hits erreichten mit 800.000 innerhalb einer Stunde einen Rekord.
Die Zahl der E-Mails in der folgenden Woche erhöhte sich auf rund 2000 täglich, normal sind 300-350. Die Zahl der Bestellungen kletterte auf 2187, mit einem Durchschnittsbestellwert von 10 Euro. Insgesamt also rund 22.000 Euro Umsatz - etwa das Fünffache einer normalen Woche.
Für Hubertus Bessau, Max Wittrock und Philipp Kraiss bedeutet das: zurück in die Manufaktur. Nachdem dort zuletzt fast ausschließlich Studenten arbeiteten, füllen auch die drei Gründer wieder täglich Müsli ab und verpacken es versandfertig. "Drei Studenten und einer von uns sind von acht Uhr morgens bis abends um Zehn immer da", sagt Bessau. Er und seine Mitgründer arbeiten danach weiter, teilweise bis zwei Uhr nachts.
Eine mögliche Lösung
Und auch die eingegangenen E-Mails verschlingen Zeit. "Das ist eine neue Zielgruppe", sagt Hubertus Bessau und meint damit: viele der Neubesteller sind nicht so Internet-affin wie die Mehrzahl der Mymuesli-Kunden. "Dann kommt beispielsweise die Frage: Was kostet ein Müsli? Das steht natürlich auf der Seite, aber man will trotzdem die Frage möglichst schnell beantworten."
Durch den Galileo-Hype werden zwei schon länger schwelende Probleme akut: Neue Räume - in der Manufaktur können nicht mehr als vier Personen gleichzeitig arbeiten - und ein System, um Mails effektiver beantworten können.
"80 Prozent der Fragen lauten: Kann ich Ananas statt Orange haben? oder: Wann kommt Erdbeere? Unser Traum ist, dass wir das abgeben können und wir nur noch die Mails erhalten, die kein anderer beantworten kann."
Immerhin, seit kurzem hat Mymuesli ein E-Mail-Formular, das die Anfragen nach Themengebieten vorsortiert. "Das hat es schon etwas entwirrt, aber mit professionellem Response-Management hat das noch nichts zu tun." Eine mögliche Lösung: Eine E-Mail-Systemsoftware der Firma GSC Consult , regulärer Preis: 7000 Euro. Der Mymueslipreis: null Euro. Der Geschäftsführer hatte die Sendung gesehen und angerufen. "Er sagte, er findet unsere Idee super und will uns die Software gern schenken."
FTD.de, 23.10.2007
Das Umzugsunternehmen
von Claus Hornung
Das Timing hätte kaum besser sein können. Nachdem die Galileo-Bestellflut die Müsli-Macher nicht nur in Zeit- sondern auch in Raumnot brachte, kam ein Anruf vom Amt
Eine Mitarbeiterin der Lebensmittelkontrollbehörde. Die hatte Bessau und seine Mitgründer beim Einrichten ihrer jetzigen Produktionsstätte, der "Manufaktur", kennen gelernt. "Sie sagte: Ich wüsste da das Perfekte für Sie", erzählt Hubertus Bessau: "Jetzt haben wir eine neue Produktionsstätte."
Die liegt auf dem Grundstück eines Logistik-Dienstleisters, ist 80 Meter lang und 20 Meter breit. Eigentlich als Kühlraum vorgesehen, entspricht sie allen lebensmitteltechnischen Vorschriften. Obendrein gibt es ein Hochregallager für Paletten und große Edelstahltische. "Da könnten 150 Leute drin arbeiten", sagt Bessau.
Ihm würden schon sieben genügen - in der Manufaktur können nur drei Personen gleichzeitig arbeiten, ohne einander buchstäblich auf die Füße zu treten. Das reicht, um täglich maximal 300 Bestellungen abzuarbeiten. Aber allein in der Nach-Galileo-Woche kamen 2187 Bestellungen.
Parallele Produktion
"Lange geht es nicht mehr mit dem Schlafmangel", gibt Bessau zu. Die zugesagte Lieferfrist ist bereits von drei Tagen auf jetzt eine Woche nach Geldeingang erhöht. Mit Stellenanzeigen in der Lokalpresse und Uni-Aushängen sucht er jetzt neue Hilfskräfte. "Wir brauchen Mitarbeiter in der Produktion, Bürokräfte und Programmierer."
Über zwei bis vier Wochen hinweg sollen die Mitarbeiter parallel in zwei Gebäuden produzieren. Die Manufaktur kostet 320 Euro monatlich. Für die neuen Räume ist die Miethöhe noch nicht festgelegt. "Wir zahlen jedenfalls anfangs etwas weniger und erst dann mehr, wenn wir auch mehr von den Räumen nutzen."
Schnelles Angebot
Die doppelte Mietzahlung wird mehr als ausgeglichen. Denn neben den Räumen hat Mymuesli auch die Bank gewechselt. Vorausgegangen war eine Rechnung, die den Gründern die Sprache verschlagen hatte.
Die Volksbank-Raiffeisenbank wollte 2000 Euro Gebühren für die Bearbeitung von Zahlungseingängen über drei Monaten - pro Eingang 37 Cent. "Jeder Mensch denkt doch, das kostet nichts", empört sich Bessau. "Als wir nachfragten, hieß es, dass allein das Rechenzentrum davon 30 Cent nehmen würde. Das kam uns komisch vor."
Die Banker machten schnell ein Angebot: Mymuesli sollte 30 Prozent Rabatt bekommen. Zu spät. Die Commerzbank - praktischerweise direkt gegenüber der Müsli-WG gelegen - verlangt nur 12,90 Euro monatliche Kontoführungsgebühren. Und keinen Cent für die Bearbeitung von Zahlungseingängen.
FTD.de, 30.10.2007
Besserer Drucker, günstigere Bank, neue Räume
von Claus Hornung
Was sich Banken so alles leisten und warum man bei der Anschaffung technischer Geräte nicht sparen sollte: Nach einem Monat Berichterstattung auf enable.de haben wir Hubertus Bessau nach seiner Bilanz des Monats Oktober befragt.
Wie lautet Ihr Gesamturteil über den vergangenen Monat?
Der Oktober war der bisher beste Monat für mymuesli - aber auch anstrengendste Monat für uns. Es wird schwierig, den Umsatz und die durch PR generierten Kontakte in nächster Zeit zu toppen. Wir sind aber trotzdem zuversichtlich, da wir immer mehr Aufträge für Firmenmüslis als individualisierte Kleinserien bekommen.
Was haben Sie im vergangenen Monat gelernt?
Dass mit steigender Bestellungszahl und Ausweitung der erreichten Kunden (Galileo) der Support-Aufwand überproportional steigt. Außerdem haben wir festgestellt, dass sich die Anschaffung eines hochwertigen Druckers bezahlt macht. Vorher hat ein billiger Laserdrucker bei uns gerade einmal zwei Wochen durchgehalten.
Was war die größte Überraschung für Sie?
Dass unsere neuen Server dem Besucheransturm so gut Stand gehalten haben. Ich hatte es gehofft, aber nicht wirklich erwartet.
Was war der größte Erfolg?
Beobachten zu können, dass wir trotz des hohen Bestellungsaufkommen in halbwegs akzeptabler Zeit liefern können - auch wenn es den vollen Einsatz aller fordert.
Was war das größte Hemmnis?
Festzustellen, dass wir an Bankgebühren monatlich mehr zahlen als an Miete für Produktionsstätte und Büro zusammen. Buchungseingänge sind nicht etwa kostenlos bei der VR-Bank Passau, sie kosten auch nicht 10 Cent wie eine Online-Überweisung, sondern 37 Cent. Angeblich würde das Rechenzentrum schon 30 Cent pro Überweisung bekommen. Das geht dann schnell in die Tausende und macht die Banküberweisungen fast so teuer für uns wie Kreditkartenzahlungen. Auf Nachfrage wurde uns ein Nachlass von 30 Prozent versprochen.
Das hat uns aber natürlich nicht davon abgehalten, sofort ein Konto bei der Commerzbank zu eröffnen. Dort betragen die monatlichen Kosten 12,90 Euro und null Cent für empfangene Überweisungen.
Was ist die größte Herausforderung des kommenden Monats?
Die Verlegung in eine größere Produktionsstätte, um für das nahende Weihnachtsgeschäft gerüstet zu sein und die bevorstehende Umstellung auf die neue Internetseite.
Was haben Sie diesen Monat investiert, was war der größte Einzelposten?
An Fixkosten zahlen wir für Miete und Aushilfen rund 2500 Euro monatlich. Der größte Einzelposten war ein Drucker von HP Laserjet 2015P für rund 250 Euro, der unsere Brother-Einstiegsgeräte ablöst.
FTD.de, 06.11.2007
Zieht Euch warm an
von Claus Hornung
Hubertus Bessau ruft früher an als verabredet. Einen ganzen Tag. "Oh", sagt er, als er es bemerkt, "ich komme nicht mehr ganz mit - wir hatten heute einen Blackout."
Fünf Stunden ohne Telefon. Und ohne Netz-Zugang. "Und das als Internet-Startup", seufzt Bessau hörbar gestresst und sucht nach passenden Worten, "Wir fanden das...hmmm....sehr unglücklich".
Die verlorene Zeit ärgert ihn mehr als die 200 Euro, die die eilig besorgte neue Telefonanlage kostete. Gerade erst sind die Galileo-Bestellungen fast alle abgearbeitet. Hinzu kommen seit Wochen Kleinserien von Firmen, die sich Müsli-Dosen mit ihrem Logo bedrucken lassen, um sie zu Weihnachten an Mitarbeiter oder Geschäftspartner zu verschenken.
"Vor allem sind wir wahnsinnig damit beschäftigt umzuziehen und unsere neue Produktion einzurichten." Dafür wollen Bessau und seine zwei Mitgründer die Zahl der studentischen Aushilfen von zehn auf 20 verdoppeln und jemand in Vollzeit als Produktionsleiter einsetzten.
"Just-in-time-Produktion"
Möglicherweise den neuen Praktikanten, der neben Erfahrung in Warenwirtschaft praktischerweise auch einen Gabelstapler-Führerschein besitzt. Für alle diese Mitarbeiter muss Thermo-Kleidung besorgt werden.
In der neuen Halle herrschen konstante Temperaturen von 15-18 Grad. "Es ist nicht so angenehm, dort zu arbeiten", sagt Bessau. Aber die Jacken kosteten nur knapp unter 30 Euro. "Und außerdem kann man jetzt die Zutaten länger lagern." Damit komme man weg von der derzeitigen "Just-in-time-Produktion".
Und es spart Geld: Statt, wie bislang dreimal wöchentlich 2-4 Paletten werden sich die Müslis jetzt einmal wöchentlich die gesamte Ware anliefern lassen. "Pro Palette zahlen wir 45-48 Euro, das wird zukünftig ungefähr die Hälfte kosten."
Kooperation mit Andechser
Zeitgleich gibt es einen neuen Kooperationspartner, die Andechser Molkerei. "Wir hatten die im Sommer besucht und uns sehr gut mit der Marketingleiterin verstanden", sagt Bessau. Ein richtiger Mittelstandsbetrieb sei die Molkerei, schwärmt Bessau. "Da heißt es einfach: Hallo, das ist unser Chef."
Künftig wird es Müsli-Packungen geben, die einen Schriftzug à la "Mymuesli schmeckt am besten mit Andechser" tragen werden. Eine Agentur von Andechser kümmert sich um die Einrichtungskosten für den Druck, zudem beteiligt sich das Unternehmen an den Druckkosten. Und der Vorteil für Mymuesli? "Das kann beispielsweise sein, dass wir bei Verkostungen Andechser-Produkte verwenden dürfen."
Bis ins Letzte wolle man die Vereinbarungen nicht regeln. "Wir wollen kein Vertragswerk, sondern eine Zusammenarbeit in den Feldern, wo es Sinn für beide macht, sich gegenseitig zu unterstützten. Alles andere hält nicht lang."
FTD.de, 13.11.2007
Oben und unten
von Claus Hornung
Erst vor wenigen Tagen haben die Müslis mit der Arbeit in der neuen Produktionsstätte begonnen und schon haben sich neue Begriffe etabliert.
"Unten" heißt jetzt betriebsintern die Manufaktur in der Passauer Innenstadt, die schrittweise aufgegeben werden soll. "Oben" - das steht für die neuen Räume, sechs Kilometer außerhalb. "Weil es dort ein bisschen den Berg raufgeht." Und das in jedem Sinne des Wortes.
"Wir merken jetzt schon wie wahnsinnig stark einige Dinge das Leben erleichtern", sagt Hubertus Bessau. Gabelstapler gehören dazu, Paletten - und die "Ameisen" genannten Geräte, mit denen man sie herumfahren kann. Vier Paletten mit Ware, Gesamtgewicht eine Tonne, hat er damit in zehn Minuten von einem Lkw abgeladen und ins Lager gebracht, schwärmt Bessau: "Unten dauerte das einen ganzen Vormittag". Unten liegt im ersten Stock.
Um die neuen Bedingungen effektiv zu nutzen, haben Bessau und seine Mitstreiter eine Stellenanzeige in den regionalen Zeitungen aufgegeben. Gesucht wird "ein Produktionsmitarbeiter mit Führungserfahrung".
Viele Anrufer, wenige Bewerber
Der soll sich gleichermaßen um Warenein- und -ausgänge wie um Dienstpläne kümmern. Der erste Vollzeit-Mitarbeiter von Mymuesli. Ob man sich dann ein bisschen wie ein Chef fühlt? "Nein", lacht Hubertus Bessau, "im Idealfall wollen wir ja was von dem lernen."
Diesmal werden sie nur schriftliche Bewerbungen entgegennehmen. Anders als bei der Suchanzeige nach Produktionsmitarbeitern in der vergangenen Woche. "Das Telefon stand nicht still.
Und zu viele haben angerufen, die einfach nur anrufen wollten." Übrig blieben 13 Bewerber, die Bessau zu einem Gespräch eingeladen hat. "Zwei oder drei davon werden wir nehmen." So wenige? "Die Frage, die sich stellt, ist: Wenn ich ein Kunde wäre - möchte ich, dass mein Müsli von dieser Person abgefüllt wird?"
Von allem die höchste Qualität
Die falsche Abfüllung hätte es um ein Haar bei den neuen Advents- und Weihnachtsmischungen von Mymuesli gegeben. In die gehört - natürlich - auch eine Menge Zimt. "Aber erst als die Lieferung da war, fragten wir uns, was für eine Sorte das ist." Die Nachfrage ergab: Es war Cassia-Zimt. "Das war ein Schock", sagt Bessau.
Denn diese Sorte ist zwar ein gängiges Handelsprodukt, aber enthält bis zu drei Gramm Cumarin pro Kilogramm. Der Aromastoff soll in bestimmten Mengen gesundheitsschädigend sein können. "Wir wollten am besten gar nichts davon drin haben. Das ist zwar ein biologisches Produkt, aber wir möchten ja auch von allem die höchste Qualität."
Der Zulieferer war nicht begeistert, nahm aber gegen Übernahme der Rücktransportkosten die Ware zurück. Und Mymuesli bekommt nun Ceylon-Zimt. Der enthält mit drei Milligramm nur ein Tausendstel soviel Cumarin wie der Cassia-Zimt. Und kostet das Doppelte.
FTD.de, 20.11.2007
Schwer beschäftigt
von Claus Hornung
Hubertus Bessau wirkt erschöpft. So wie seit Wochen schon. Trotz neuer Räume und erster neuer Mitarbeiter in der Produktion, nimmt das Arbeitspensum einfach nicht ab.
Zwei Studentinnen helfen seit Mitte vergangener Woche beim Beantworten von E-Mails, kümmern sich insbesondere um Kunden, die meist Fragen zum Status ihrer Bestellung haben. "Wir merken jetzt wie bitter nötig wir diesen Support haben", sagt Bessau.
Um die 500 E-Mails pro Tag erhalten die Müslimacher.Eigentlich bräuchte man auch eine professionelle E-Mail-Verwaltungssoftware. "Sonst kann man einfach nicht nachvollziehen, ob eine Mail beantwortet wurde, wie der Verlauf war oder wer sie beantwortet hat." Eigentlich bräuchten sie nicht einmal für die Software zahlen - die Firma GSC Consult hatte das als Geschenk angeboten. "Darum haben wir uns immer noch nicht gekümmert", seufzt Bessau.
Darum denken Bessau und seine Mitgründer darüber nach, neben einem fest angestellten Produktionsleiter auch eine Sekretärin in Vollzeit einzustellen. "Mal gucken, ob wir uns das leisten können", sagt Bessau, "aber sonst geht's nicht weiter."
Preisverleihung
Platzprobleme werden die neuen Mitarbeiter nicht verursachen. Da das Büro in die WG integriert ist, in der zwei der drei Gründer wohnen, wurde kurzerhand ein iMac in das Zimmer von Philipp Kraiss gestellt. "Der hält sich eh' nie darin auf", meint Bessau.
Und bei ihm? Er lacht: "Eigentlich wäre da auch Platz." Zudem besteht in der Produktion auch die Möglichkeit, sich Büroräume einzurichten. "Aber wir haben etwas Angst, dass dann die Startup-Atmosphäre verloren geht."
Immerhin: Vergangene Woche verließen die Müslis seit einigen Wochen mal wieder Passau. Zur Verleihung des BayernOnline-Preises. Ort: Die Bayerische Staatskanzlei in München. Mit Streichquartett, festlich gekleideten Gästen und Emilia Müller, der bayerischen Wirtschaftsministerin als Laudatorin.
Der Entwurf steht
Max Wittrock hatte Mymuesli angemeldet, erzählt Hubertus Bessau. "Und ich habe ihn die ganze Zeit gefragt: Was machen wir eigentlich hier? Da waren Physiker und Energietechniker, die hatten Stimmenauthentifizierungsmaschinen entwickelt oder ähnliches. Das war überhaupt nicht unsere Liga. Die Jury sah's anders.
Und verlieh neben den drei regulären Preisen erstmals einen Sonderpreis - an Mymuesli. Den haben die Müslis ob seiner Gestaltung als Silizium-Wafer "die Goldene Schallplatte für Nerds" getauft.
Nächste Woche ist Hubertus Bessau wieder unterwegs. Vor BWL-Studenten in Ingolstadt soll er einen Vortrag über Mymuesli halten. "Das Schöne ist, dass ich schon einen Vortragsentwurf" habe, sagt er. Denn bereits vor einer Woche hielt er auf Einladung eines früheren Professors eine Vorlesung vor 120 Studenten der Uni Passau. Da hatte er den Vortrag in den Nächten zuvor ausgearbeitet - ansonsten gibt es ja nichts zu tun.
FTD.de, 27.11.2007
Wir brauchen Hilfe - Die Monatsbilanz November
von Claus Hornung
So geht es nicht weiter. Mymuesli boomt. Und die Kräfte der Gründer lassen nach. Die Suche nach neuem Personal war einer der entscheidendsten Punkte im November - eine Monatsbilanz.
Wie lautet Ihr Gesamturteil über den vergangenen Monat?
Der Monat war sehr kräftezehrend, aber auch umsatzstark. Die meisten Arbeiten - wie beispielsweise der Umzug in die neue Produktionsstätte - werden sich erst später auszahlen und uns zukünftig hoffentlich entlasten.
Was haben Sie im vergangenen Monat gelernt?
Wie schwierig es tatsächlich ist, gute Mitarbeiter zu finden. Trotz sinkender Arbeitslosenzahlen, hatte ich nie glauben wollen, was man von vielen Unternehmern hört: Gute Leute sind rar. Und wir brauchen für die Produktion ja nicht einmal Highpotentials!
Was war die größte Überraschung für Sie?
Persönlich hat es mich sehr gefreut, dass mein erster Uni-Vortrag gut verlaufen ist. Nach der kurzen Vorbereitungszeit in den Nächten davor, war ich nicht sicher, 75 Minuten wirklich interessant gestalten zu können. Geschäftlich war es mit Abstand unser bisher umsatzstärkster Monat.
Was war das größte Hemmnis?
Die Zeit. Sie reicht vorne und hinten nicht. Wir machen zu viel selbst, immer noch 18 Stunden pro Tag. Angefangen beim Support bis hin zur Produktion. Wir brauchen mehr Leute! Gute Leute, die uns entlasten, so dass wir uns um Strategie und Planung kümmern können, also vorwärtsgerichtete Aufgaben besser wahrnehmen können.
Was ist die größte Herausforderung des kommenden Monats?
Die größte Herausforderung wird es sein, das Weihnachtsgeschäft operativ gut umsetzen zu können. Dazu bauen wir gerade massiv Kapazitäten auf. Ich habe aber das Gefühl, dass es trotzdem wieder mal sehr eng werden wird...
Was haben Sie diesen Monat investiert, wie hoch waren die Betriebskosten, was war der größte Einzelposten?
Investiert insgesamt rund 3000 Euro; größter Einzelposten: iMac als Arbeitsplatz (1175 Euro) für unsere Support-Helferinnen, die uns seit zwei Wochen täglich zur Seite stehen; Betriebskosten: rund 5000 Euro.
FTD.de, 04.12.2007
Seitenwechsel
von Claus Hornung
Lange stand sie auf dem Wunschzettel von Hubertus Bessau und seinen Mitgründern, einen Tag nach Nikolaus war Bescherung: Mymuesli hat eine neue Homepage.
"Viel Neues sieht man nicht", sagt Hubertus Bessau, der mal wieder Nachtschichten schieben musste. Doch das Entscheidende ist nicht die Optik, sondern die Funktionalität. Neben kleineren Bequemlichkeiten, etwa dass künftig von einander abweichende Liefer- und Bestelladressen eingegeben werden können (Geschenke!), und einer verbesserten Menüführung, können die Kunden jetzt ein Benutzerkonto einrichten.
Jetzt ist nicht mehr, wie bislang, bei jeder Bestellung eine Neu-Anmeldung nötig. "Das ist gut für die Kunden und auch gut für uns, weil wir nachvollziehen können, wie oft und was jemand schon bestellt hat". Ein erster Schritt in Richtung eines dringend benötigen Customer Relations Managements.
Keine horrenden Bankgebühren mehr
In dieser Sparte versuchte sich auch die Passauer Volksbank-Raiffeisenbank. Seit kurzem transferieren die Müslis wie schon länger wegen zu hoher Kosten geplant, ihre Geschäftsgelder von dort auf ein neu eröffnetes Commerzbank-Konto. "Ich habe angefangen, 25.000 Euro pro Tag zu überweisen", erzählt Bessau. Betreff: "Keine horrende Gebühren mehr." Prompt rief die Firmenkunden-Betreuerin an. Ob man die Aktion nicht wieder rückgängig machen könne?
Als Bessau ihr erklärte, man zahle bei der Commerzbank lediglich 12,90 Euro pro Monat und erhalte obendrein Zinsen, weil jeder überschüssige Cent automatisch auf ein Tagesgeldkonto ginge, schluckte die Beraterin: "Aber es entstehen doch Kosten, die müssen die doch auch weitergeben?!" "Ich sagte: Die verdienen doch daran, dass Geld da ist", erzählt Hubertus Bessau, "darauf sagte sie: Wir verdienen meist eher, wenn kein Geld da ist."
Ob denn mal eine Finanzierung anstünde, wollte die Dame noch wissen. "Wir planen schon Investitionen", sagte Bessau. Dann wolle sie prüfen, ob sie ein neues Angebot machen kann. "Ganz kampflos gebe ich nicht auf." - "Ja, aber überlegen Sie sich was Gutes", entgegnete Bessau, "wir haben nicht mehr viel Zeit. Wenn Sie das in zehn Minuten zusammenfassen können, können Sie ja nochmal mit Herrn Kraiss sprechen."
"Das werde ich machen", sagte die Bankerin.
FTD.de, 11.12.2007
Normal ist das nicht
von Claus Hornung
Keine vier Wochen ist es her, dass die Müslimacher einen Preis erhielten, schon kommt der nächste. Und er kommt ungelegen.
Nein, ganz so ist es nicht. Mymuesli ist zum Startup des Jahres 2007 (Warum, von wem und wie darüber diskutiert wird, steht hier) gewählt worden. Und natürlich freue man sich, sagt mir Hubertus Bessau, "das klingt schon toll. Am meisten hat uns überrascht, dass wir mit 11 von 24 Stimmen gewählt worden sind, die Nächstplatzierten hatten drei Stimmen."
Ungelegen kam die Wahl, "weil es nicht gerade dazu beiträgt, dass wir mehr Ruhe haben". Telefonieren war in den Tagen nach der Preisverleihung ein Problem. "Immer wenn ich eine Nummer wählen wollten, und zum Hörer griff, klingelte es."
Auf Wunsch mit Brief
Am anderen Ende: Gratulanten aus beruflichem und privatem Umfeld. Aber auch PR-Leute, die ihre Hilfe für die weitere Unternehmensentwicklung anbieten. "Dann antworte ich", sagt Bessau - halb seufzend, halb lachend: "Danke, das brauchen wir eigentlich nicht."
Und das alles mitten im Weihnachtsgeschäft. Die Bestellungen von Firmen, die Müsli mit ihrem Logo beklebt verschenken wollen, reißen nicht ab. Geschätzte 5000-8000 Dosen zum Durchschnittspreis von 7,50 Euro sind inzwischen versendet.
Auf Wunsch - wie im Fall einer Agentur aus Berlin - stecken die Müslis sogar noch einen Weihnachtsbrief in die Dosen mit hinein. "Die haben uns eine Excel-Liste gegeben und wir drucken das alles aus. Inzwischen sind wir schon ein Tante-Emma-Laden." Bessau grinst: "Es ist eigentlich nicht normal, das wir das machen. Aber das bringt uns ja auch einen gewissen Werbeffekt."
FTD.de, 18.12.2007
Mein Weihnachten
von Hubertus Bessau
Samstag, 22. Dezember, 12 Uhr. Der Zug braucht noch zwei Stunden. Dann bin ich zuhause. Eigentlich sollte ich den versäumten Schlaf der letzten Tage nachholen.
Das Weihnachtsgeschäft lief wirklich gut, war aber auch sehr anstrengend. In den letzten Wochen stand das Telefon kaum still. Unsere fünf Praktikanten haben uns wirklich sehr dabei unterstützt, möglichst alle Anfragen zu bearbeiten. Jeden Tag wurde länger Müsli gemixt, verpackt und verschickt.
Inzwischen beschäftigen wir 30 Müslimixer auf 400-Euro-Basis. Trotzdem stand Philipp die letzte Woche teilweise bis halb zwei nachts in der neuen Manufaktur, um danach noch Emails zu beantworten und nicht einmal sechs Stunden später der nächsten Mixer-Crew das Tor zur Manufaktur zu öffnen...
Von den vergangenen 365 Tagen habe ich 360 Tage fulltime mit mymuesli verbracht. Bis nach Silvester habe ich mir vorgenommen, die mymuesli-freien Tage auf ungefähr neun zu erhöhen. Solange werde ich zuhause bleiben und die Feiertage mit der Familie und alten Freunden genießen, für die ich in den letzten Monaten keine Zeit hatte.
"einfach nur in den Tag leben"
Ohne Handy, ohne Computer, ohne Müsli. Dass das ein Wunsch bleiben wird, hat sich heute schon angedeutet, nachdem mein Handy auf dem Weg sechs mal klingelte; aber das ist schon okay. Während sonst fast jede Minute produktiv genutzt werden wollte, habe ich versucht, überhaupt keine Termine zwischen den Feiertagen zu vergeben.
Ich möchte einfach nur in den Tag leben und aufstehen, wenn ich aufwache. Zeit ist mit Abstand das höchste Gut für uns geworden. Zwischen den Jahren werden Philipp und Max dafür sorgen, dass das Geschäft weiter läuft. Freie Tag werden wir auch Zukunft kaum zusammen verbringen können. Das war uns aber schon vor mymuesli bewusst.
Was ich Silvester mache? Keine Ahnung. Das werde ich frühestens am 31. entscheiden. Dem letzten Tag des Jahres, das ich - ohne eine Sekunde zu überlegen - als das bisher schnellste meines Lebens bezeichnen kann. Nach monatelanger Vorbereitung ging mymuesli am 30. April online. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, die gefühlt aber erst zwei Wochen her ist. Seitdem haben sich die Ereignisse buchstäblich überschlagen.
Die wartende Menschheit
Nachdem wir lange von vielen Bloggern da draußen getragen wurden (vielen Dank, Euch allen!), sorgten die ersten Medienberichte dafür, dass wir nach zwei Wochen ausverkauft waren. Im ersten Monat musste Max allein sechs Radio-Interviews führen und etliche Presseanfragen beantworten. Es kam uns vor, als hätte die Menschheit seit Jahren auf mymuesli gewartet. Die Krönung des Medienrummels war ein 11-minütiger Galileo-Bericht gefolgt von einem Artikel im Spiegel.
Wir hatten kaum Zeit, zu realisieren, was eigentlich geschieht. Besonders irritiert hat uns, dass es kaum Kritik gab. Auch Neid und Missgunst ließen lange auf sich warten - wenn es nach uns geht, braucht sich das so schnell auch nicht zu ändern. Dazu gibt es aber auch eigentlich keinen Grund, zumindest wenn ich mal so unseren Stundenlohn überschlage.
Nachdem wir beim enable2start-Award der FTD zu den fünf Siegern gehörten und mit dem BayernOnline-Preis ausgezeichnet wurden, sind wir vor ein paar Tagen auch noch "Startup des Jahres" geworden.
Dazu kommen tausende Emails mit Glückwünschen und positivem Feedback. Das freut uns natürlich sehr. Soviel Anerkennung will in den nächsten Tagen erst einmal verarbeitet werden. Dann werden Kräfte getankt, um den unseren hohen Erwartungen für das kommende Jahr gerecht werden zu können.
FTD.de, 25.12.2007
Quartalsreportage: Hoch hinaus
von Claus Hornung
Steigende Umsätze, mehr Personal, größere Räume, zu wenig Schlaf: Mymuesli muss sich organisieren. Mit dem Umzug in eine neue Produktionsstätte sind die Gründer in eine andere Dimension eingestiegen.
"Müsli 2.0"
Lassen Sie uns spazieren gehen", schlägt Hubertus Bessau vor. Frische Luft, meint er, täte ihm gut. "Ich habe seit vier Tagen nicht das Haus verlassen." Überhaupt nicht? Bessau überlegt kurz und sagt: "Na ja, einmal war ich kurz Milch einkaufen."
Isoliert ist Bessau trotzdem nicht. In der Passauer Wohngemeinschaft, die er mit Mitgründer Philipp Kraiss und einem weiteren Mitbewohner teilt, herrscht reger Betrieb. In einem 20-Quadratmeter-Zimmer neben der Küche haben die Jungunternehmer ihr Büro eingerichtet.
Papierberge bedecken die Schreibtische, an den Wänden hängen Zeitungsausschnitte mit Titeln wie "Müsli 2.0" und der symbolische Scheck des enable2start-Wettbewerbs.
Jeder Raum ein Büro
Mittlerweile ist auch die Abstellkammer nebenan zum Büro umfunktioniert worden. Dort arbeitet Christine, eine Studentin, die seit drei Monaten mehrmals die Woche aushilft. Zwei Türen weiter sitzt ein weiterer studentischer Mitarbeiter, Florian.
Neben Florians Schreibtisch liegen Turnschuhe auf dem Boden, hinter ihm stehen ein Bett und ein Kleiderschrank - eigentlich ist dieses "Büro" das Zimmer von Philipp. "Aber der ist sowieso nur zum Schlafen hier", sagt Bessau und lacht: "Wir haben hier auf jeden Fall noch genug Startup-Atmosphäre."
Der Erfolg hat sie fast überwältigt. Fast. "Die Produktion muss schon professionell laufen", sagt Bessau. Neben der Produktion von Müsli blieb ihm, Philipp Kraiss und dem dritten Gründer Max Wittrock kaum Zeit für etwas anderes. "In diesem Jahr ist so viel passiert, dass man das selbst erst mal verarbeiten muss", sagt Bessau und atmet tief durch.
Gutes Internet, böses Internet
Die Blogosphäre machte Mymuesli bekannt. Eine Empfehlung im Netz führte zur nächsten. "Das Produkt emotionalisiert einfach", sagt Bessau. Mädchen im Teenageralter mailen Bilder, auf denen sie lächelnd ihre Müslidosen in die Kamera halten. "Eine fragte neulich sogar: Ist Hubertus noch Single?
"Inzwischen wissen die Müslimacher: Es kann auch anders laufen. " Eine Bloggerin schrieb, ihr Müsli sei nach acht Wochen noch immer nicht da", erzählt Bessau. Das griff Deutschlands meistgeklickter Blogger Roland Robert Roland Robert Basic auf. "Er schrieb irgendetwas wie: Mymuesli hat Probleme mit dem Kundenservice. Und das macht genauso schnell die Runde wie eine positive Nachricht. Vielleicht sogar noch schneller."
Sofort tauchte sogar das Wort vom "Mymuesli-Bashing" im Netz auf und Kommentare wie "vom Erfolg überfordert". "Das hat so eine Dynamik bekommen, dass die Bloggerin später ausdrücklich darauf hinwies, dass sie Mymuesli immer noch für eine Superidee hält.
Da sieht man mal, was so eine kleine Botschaft auslösen kann." Tatsächlich liege die Quote von Kunden, die überhaupt nicht beliefert wurden, unter einem Promille. "Aber so ist das Internet. Man kann schnell bekannt werden, aber schnell ist auch der Ruf ruiniert."
Der Medienhype spielte sich nicht nur im Internet ab. Zwei Wochen nach dem Start im April 2007 war das erste Radioteam vor Ort, um über die Existenzgründer zu berichten. "Der Höhepunkt war drei Fernsehteams in einer Woche. Da waren wir regelrecht belagert."
Die zwei entscheidenden Beiträge wurden zeitversetzt im "ARD-Buffet" und in der Pro-7-Sendung "Galileo" ausgestrahlt. Als Ende September der ARD-Beitrag lief, klickten so viele Zuschauer auf die Mymuesli-Website, dass deren Server zusammenbrach. Fast zwei Wochen arbeitete Bessau mit befreundeten Programmierern daran, die Rechnerlast auf zwei zusätzliche Rechner zu verteilen, um dasselbe Problem bei der "Galileo"-Sendung zu vermeiden, die zwei Wochen später folgte.
Das Ergebnis: schlaflose Nächte für Hubertus Bessau. Und ein Server, der in der Stunde nach Ausstrahlung mit 800.000 Klicks das 60-Fache der normalen Belastung verkraftete. Sowie eine Verfünffachung des Umsatzes in der Folgewoche: 2187 Bestellungen im Wert von rund 22.000 Euro gingen ein. "Nach jeder Berichterstattung erhöht sich die Zahl der Bestellungen", sagt Bessau. "Aber das wird nicht ewig so weitergehen."
Keine Zeit für strategische Entwicklungen
Der Umzug in eine neue Produktionsstätte soll nun helfen, die Flut von Aufträgen zu bewältigen. Zehn studentische Hilfskräfte hatten die Unternehmer im Oktober. Das war nicht genug, um den Ansturm nach der "Galileo"-Sendung zu bewältigen. Zu viel für die 30 Quadratmeter große "Manufaktur", wie die Müslimacher ihre Produktions- und Lagerstätte in der Passauer Innenstadt nennen.
"Wenn da mehr als drei Menschen gleichzeitig arbeiten, treten sie sich gegenseitig auf die Füße." Zudem liegen die Räume im ersten Stock, jeder einzelne Sack mit Zutaten muss hoch getragen werden. Damit die Bestellungen abgearbeitet werden können, helfen Bessau, Kraiss und Wittrock wieder selbst beim Abfüllen.
Zeit für strategische Entwicklungen fehlt. Etwa um die Frage zu beantworten, an welche Zielgruppe sich Mymuesli überhaupt richtet. "Mal telefoniert man mit einem Sechsjährigen, mal mit einer 81-Jährigen", sagt Bessau. Aber da müsste Personal her, um daraus so etwas wie ein geordnetes Customer-Relationship-Management aufzubauen.
Die neue Produktionsstätte: Eine andere Dimension
Anfang November mieteten die Unternehmer neue Räume an: eine Lagerhalle in einem Gewerbegebiet sieben Kilometer außerhalb Passaus. Mit Hochregallagern und einem Gabelstapler. Statt einzelner Paletten dreimal die Woche können nun ganze Lkw-Lieferungen bestellt werden. Das reduziert die Kosten pro Palette von rund 50 auf 25 Euro.
Und das Ausladen dauert nur noch eine halbe Stunde. Zuvor war es ein kompletter Vormittag gewesen. Innerhalb eines Monats wurden 20 zusätzliche Aushilfen eingestellt. Bald soll das Büro ebenfalls hier untergebracht werden.
Aber auch die Mietzahlungen steigen: von 320 Euro monatlich auf jetzt rund 700 Euro, ab Mitte des Jahres werden es 900 Euro sein. "Mit dem Umzug in unsere neue Produktionsstätte sind wir in eine andere Dimension eingestiegen", sagt Hubertus Bessau.
Das löst aber nicht die strategischen Probleme. Die Einstellung eines Produktionsleiters ist fest beschlossen, derzeit sichten die Müslimacher die Bewerbungen. "Das wird unsere erste Festanstellung. Das ist natürlich eine Entscheidung, die man sich gut überlegt." Eigentlich bräuchten sie zusätzlich eine fest angestellte Bürokraft. "Aber wir müssen erst einmal nachrechnen, ob wir uns das leisten können."
An der Startup-Atmosphäre werde sich dennoch so schnell nichts ändern, glaubt Hubertus Bessau. Aber selbstbewusster im Auftreten seien sie schon geworden. Etwa gegenüber dem Großhändler, den sie baten, bei Lieferungen die Nährwerte aller Zutaten mit anzugeben. Diese sollen künftig auf den Müsliverpackungen stehen.
Der Händler sagte zu Philipp Kraiss am Telefon, er sei nicht verpflichtet, diese Zahlen zu liefern, und er könne sie auch nicht liefern. "Darauf antwortete Philipp: Dann suchen wir uns jemanden, der das kann. Zehn Minuten später rief der Händler zurück und sagte: Wir stellen Ihnen da mal ein paar Zahlen zusammen."
FTD.de, 01.01.2008
Things to do in 2008
von Claus Hornung
Einfach den Schalter umlegen. Nicht mehr an die Arbeit denken und sich erholen. Schön wär’s. Aber dafür reichen die nur vier Tage Weihnachtsurlaub nicht aus.
"Man kommt überhaupt nicht runter", erzählt Hubertus Bessau. "Hier mal ein paar kleinere Programmiergeschichten nebenher", da ein paar Müsli-Dosen verstaut, die Bessau - ebenso wie seine Mitgründer - zuhause an Freunde und Bekannte verteilte. "Und dann habe ich mich dabei ertappt, dass ich in der Zeit, in der ich mich eigentlich ausruhen sollte, strategische Planungen gemacht habe."
Planung tut Not. Zuletzt bis zu 110 Stunden Arbeit pro Woche und teilweise "extrem inakzeptable Lieferzeiten", wie Bessau einräumt - das alles soll sich so im nächsten Jahr nicht wiederholen.
Die wichtigsten Punkte auf der Mymuesli-To-do-Liste für 2008 lauten daher:
Wen stellen wir ein? Wann stellen wir ein? Wann könnten wir ins Ausland gehen, und wenn, wohin? Oder ist es sinnvoll, vorher noch weitere Konzepte in Deutschland auszuprobieren - etwa die Idee vom Passauer Mymuesli-"Hotspot", in dem man sich seine eigene Mischung versandkostenfrei abholen kann, auch in anderen Städten umzusetzen? Und wie werden die über Weihnachten erfolgreich eingeführten Mini-Dosen weiter eingesetzt?
Die Antwort auf Frage eins beschlossen die Müsli-Macher gleich in der ersten Januarwoche: Zusätzlich zu einem Produktionsleiter soll es auch eine Büroassistentin bzw. Sekretärin in Vollzeit geben. In der kommenden Woche werden sich drei Kandidatinnen vorstellen.
Reichen denn dafür die Finanzen? "Das kriegen wir hin", sagt Hubertus Bessau, "neue Mitarbeiter sollen ja auch produktivitätssteigernd wirken". Und überhaupt: "Wenn wir es nicht hinbekommen, dass wir selbst nicht mehr 110 Stunden die Woche arbeiten müssen, brauchen wir den Laden ohnehin nicht mehr offen halten."
FTD.de, 08.01.2008
"Hallo Chef, ich kann heute nicht"
von Claus Hornung
Hohe Krankenstände bei den studentischen Hilfskräften. Und ein neuer Produktionsleiter - vor einem Jahr selbst noch Studenten, lernen die Mymuesli-Macher, wie es ist, Chef zu sein.
Und sie mischen doch wieder selbst. Nachdem der Weihnachtsstress vom Tisch war, wollten die Mymuesli-Macher in diesen Tagen "auf Null" sein, sagt Hubertus Bessau, soll heißen: Nichts stapelt sich mehr, Bestellungen werden einen Tag nach Eingang bearbeitet. Pustekuchen.
Elf Mixer haben für diese Woche abgesagt. Elf von 30 verfügbaren, fünf davon obendrein erst am Einsatztag selbst. "Ein bisschen blöd" sei das, grummelt Hubertus Bessau. "Nein, nicht ein bisschen - das ist sehr blöd." Jetzt packen die Gründer doch wieder mit an. Aber die Leute sind ja krank. Ob's tatsächlich an den schwankenden Januar-Temperaturen allein liegt?
Bessau will sich auf die Frage nicht wirklich einlassen. "Es ist natürlich auch Klausurenphase. Da muss man natürlich körperlich fit sein." Wer keine Klausuren schreibt, hat anscheinend weniger Probleme. Bessaus Mitgründer Philipp Kraiss hat jedenfalls beobachtet, dass sich die nicht-studentischen Mitarbeiter generell als etwas zuverlässiger erwiesen hätten.
Deutliche Unterschiede
Auch im Arbeitsausstoß der einzelnen Mitarbeiter gebe es deutliche Unterschiede, sagt Hubertus Bessau. Gefühlt zumindest. Und rechnerisch? Schwierig, meint Bessau. Warum eigentlich? Schließlich schreibt sogar jeder Mixer seinen Namen auf die Dosen, die er abfüllt.
"Wir fangen morgens aber nicht ‘clean' an. Wir müssen beispielsweise oft noch Ware vom Vormittag frankieren. Dann kommt eine Großbestellung, oder die Haferflocken sind aus. Dann wird mit dem Gabelstapler herumgefahren und die aktuelle Bestellung nach hinten geschoben", sagt Bessau.
Zudem - schließlich ist das die Geschäftsidee von Mymuesli - variiere die Anzahl und jeweilige Menge der Zutaten von Dose zu Dose enorm. Manche Mischungen dauerten daher viel länger als andere. "Wenn man da eine Statistik ermitteln wollte, würde man vielen Leuten wirklich Unrecht tun". Darum sind auch alle Überlegungen, einen Akkord-Lohn einzuführen wieder verworfen.
Neuer Produktionsleiter
"Insgesamt sind wir mittlerweile der Meinung, dass der jemand konstant durchschnittlich arbeitet, besser für uns ist als jemand, der sich sehr geschickt anstellt, aber jedes zweite Mal absagt."
Abgesagt hat auch eine der drei Bewerberinnen, die in der engeren Wahl für die Sekretärinnen-Stelle stand, weil sie eine andere Stelle gefunden hat. Und eine ist seit Tagen nicht erreichbar. Dabei möchte Bessau die Kandidatinnen gern noch diese Woche sehen. Auch, wenn Philipp Kraiss und Max Wittrock sie schon kennen. "Bei so einer Entscheidung sollten alle mit entscheiden."
Erfolg dafür in Sachen Produktionsleiter. Der 42-jährige Wunschkandidat hat zugesagt. "Der hat einen ganz vielschichtigen beruflichen Background", erzählt Bessau. Auch selbstständig war der Neue schon. "Er hat auch ein bisschen Unternehmer-Mentalität. Er sagte: Ich muss am Anfang nicht so viel verdienen. Mir macht es Spaß, das mit aufzubauen - das hilft uns dann vielleicht auch operativ etwas weiter."
Übernächstes Wochenende haben die Jungs reichlich Gelegenheit, sich über Unternehmerprobleme- und erfolge auszutauschen. Auf der DLD-Konferenz in München. Mehr dazu nächsten Dienstag.
FTD.de, 15.01.2008
Ab in die Tonne
von Claus Hornung
Müll kann zum Problem werden. Dass mussten in diesen Wochen nicht nur die Einwohner von Neapel erfahren. Auch in der Passauer Müsli-Produktion steigt mit den Absatzzahlen die Abfallmenge.
Gut, die Rede ist "nur" von Papp- und Papierrückständen. Die stinken zwar nicht, aber nerven trotzdem. Wegen des Transports. "Einmal täglich haben wir einen Stapel zum Wertstoffhof gefahren", sagt Hubertus Bessau. Die Alternative: Die Stadt stellt Rollcontainer zur Verfügung und holt sie wieder ab. Das wäre sogar kostenlos.
"Aber die werden nur einmal im Monat abgeholt. Wir bräuchten aber mindestens zwölf Container. Die hätten überall im Weg gestanden und können außerdem wegrollen." Also hatten sich die Jungs einen privaten Entsorger ausgeguckt, der einen einzelnen großen 7,5-Kubikmeter-Container zur Verfügung stellt und diesen wöchentlich abholt.
150 Euro im Monat sollte das kosten. Müll ist aber auch ein gutes Geschäft. Das wurde den Müslimachern klar, als sie in der Zeitung lasen, dass sich in einigen Gegenden Deutschlands Entsorgungsfirmen einen regelrechten Krieg darum liefern, wer das stark im Preis gestiegene Altpapier entsorgen darf.
Nachhaltiges Modell
"Da haben wir den Firmenvertreter noch mal kommen lassen", erzählt Bessau lächelnd. Jetzt zahlen die Jungunternehmer 10 Euro im Monat. "Das war eine Verhandlung, die sich gelohnt hat." Lohnen würde sich - trotz der jetzt entfallenden Müllfuhren - langsam auch ein Firmenwagen. Bislang bestreiten die Jungs die Sieben-Kilometer-Strecke zu den neuen Produktionsräumen mit Autos, die ihnen ihre Eltern zeitweilig zur Verfügung stellen.
Allerdings müsste das Modell in Sachen Nachhaltigkeit zu Mymuesli passen. "Biodiesel oder Pflanzenöl wäre gut, perfekt wäre ein Hybridantrieb oder ein Erdgasauto." Dabei würde man sich gegen einen Sponsor nicht wehren, meint Bessau und grinst, "in unserer Hand wäre das ja auch eine gute Werbung."
Die DLD-Konferenz war übrigens, nicht wie angekündigt am vergangenen Wochenende, sondern endet erst heute. Erfahrungsberichte von Hubertus Bessau daher erst nächsten Dienstag.
FTD.de, 22.01.2008
Vorher - Nachher
von Claus Hornung
Vorher-Nachher-Vergleiche sind ja äußerst beliebt (beispielsweise hier). Darum gibt es heute einen davon hier. Hubertus Bessau vor dem DLD-Treffen in München.
"Da trifft man immer auf spannende Leute, ob der nun Web-2.0-Medizintechnik macht oder Müsli: Dieses Gefühl: Wir machen was. Das hängt da in der Luft - das ist sehr ansteckend." Hubertus Bessau nach dem DLD-Treffen in München: "Es war interessant. Aber ganz anders als ich es mir vorgestellt hatte. Aber vielleicht hatte ich mich auch nicht genau genug informiert."
Wie auf der next hatte er es sich vorgestellt. "Da waren extrem viele Gründer und Unternehmer da." Diesmal seien es "viele Leute vom Burda-Verlag", der die Veranstaltung ausrichtete, da gewesen, sagt Bessau.
Und Gesellschaftsforscher. Und Wissenschaftler, die unterschiedlichste Vorträge gehalten hätten. Von Kunst über Design bis hin zu Klimaerwärmung. Naja, irgendwie hängt ja auch alles mit allem zusammen, meint Bessau. "Aber wenn man frisch gegründet hat, ist das sicher nicht ganz die richtige Veranstaltung."
Eine Tracking-Software
Aber viele Menschen, die Bessau treffen wollte, waren dann doch da, vom Geschenkverpacker Edelight etwa, oder vom Social Network StudiVZ. Und dieser Israeli, dessen Idee sogar für Mymuesli von Interesse sein könnte.
Eine Tracking-Software. "Damit könnte man beispielsweise nachvollziehen, ob Leute, die Ananas-Stück bestellen generell einen höheren Warenwert haben als solche, die Kokosnuss nehmen." Oder ob Verweildauer auf der Seite und Bestellmenge mit einander zusammen hängen. Oder oder oder. "Die Frage ist nur: Was wollen wir tracken?"
Das richtige Management
Im Augenblick drängt diese Frage nicht. Die Zahl der Wiederbestellungen können die Müslimacher dank neuer Website inzwischen nachvollziehen. Und ab 1. Februar ist auch jemand da, der sich tatsächlich darum kümmern könnte: Dann beginnt eine 21-jährige Bürokauffrau als Sekretärin bei Mymuesli - Die zweite Festanstellung.
Für ein richtiges Customer-Relationship-Management fehlt allerdings noch immer die Software. Das Angebot der Firma GSC Consult, steht zwar immer noch. Aber noch will Bessau nicht zugreifen.
Der Grund: die Software ist windows-basiert, während die Müsli-Gründer nur auf Apple-Rechnern arbeiten. Aus ideologischen Gründen? Bessau wehrt ab. Apple sei übersichtlicher. Logischer. Besser, eben. Manchmal muss Bessau am Praktikantenrechner arbeiten. Mit Vista.. "Dann rege ich mich ständig auf, wie umständlich das alles ist."
FTD.de, 29.01.2008
Im neuen Jahr wird alles anders: Die Monatsbilanz Januar
von Claus Hornung
Die Einstellung der Mitarbeiter und die Einstellung von Mitarbeitern sind die drängendsten Aufgaben von Müslimacher Hubertus Bessau.
Wie lautet Ihr Gesamturteil über den vergangenen Monat?
Im Vergleich zu den vergangenen Monaten war der Januar relativ entspannt. Wir haben die Zeit genutzt, das Weihnachtsgeschäft zu analysieren, Prozesse zu überdenken und an unserer weiteren Strategie zu feilen.
Was haben Sie im vergangenen Monat gelernt?
Dass gute Produktions-Mitarbeiter sich nicht nur durch eine hohe Produktivität auszeichnen, sondern auch zuverlässig sein müssen. Wer regelmäßig arbeitet, aber nicht den höchsten Output hat, kann für das Unternehmen wertvoller sein, als jemand, der sehr schnell arbeitet, aber häufig absagt.
Was war die größte Überraschung für Sie?
Dass wir auch nach Weihnachten noch vergleichbar viele Anfragen für Firmenmüslis bekommen. Scheinbar ist auch Ostern für Unternehmen ein Anlass, Mitarbeiter und Kunden zu überraschen.
Was war der größte Erfolg?
Uns gemeinsam für zwei neue Mitarbeiter entschieden zu haben, die uns im Alltagsgeschäft ab Februar entlasten sollen.
Was war das größte Hemmnis?
Dass die Lieferzeiten aufgrund von Krankheit/Klausuren/Ferien der Mitarbeiter noch nicht in dem Maße reduziert werden konnten, wie wir uns das gewünscht hätten.
Was ist die größte Herausforderung des kommenden Monats?
Konsequenzen aus den Lehren des Weihnachtsgeschäftes zu ziehen und bald zu implementieren.
Wieviel haben Sie diesen Monat investiert?
Rund 1.000 Euro.
Was war der größte Einzelposten?
Einmal wieder die Goji-Beeren für 2.933,12 Euro.
FTD.de, 05.02.2008
Ist ja für einen guten Zweck
von Claus Hornung
Und schon wieder ein Kongress. Und wieder war's anders als erwartet. Beim Kongress Online-Handel 2008 "ging's zu wie auf der Uni", sagt Hubertus Bessau.
"Ein Vortrag folgte auf den anderen, fast im Halbstunden-Takt." Bessau selbst hielt auch einen Vortag. Über - Überraschung! - die Erfolgsfaktoren von Mymuesli. Er selbst hingegen gewann keine atemberaubend neuen Erkenntnisse, gesteht er.
Dafür gab's ein unerwartetes Zusammentreffen mit Günter Schwarz von GSC Consult, die Mymuesli schon vor Monaten ein kostenloses E-Mail-Kommunikationsprogramm angeboten hatten. "Das war natürlich super, dass man sich jetzt endlich mal persönlich kennen lernen konnte."
Und jetzt wird ein neuer Praktikant wohl auch tatsächlich das Programm installieren. Obwohl es Windows-basiert ist. "Wir werden wahrscheinlich zwei Server aufstellen", lästert Bessau: "Einen Windows-Server für das E-Mail-Programm und einen Mac für alles was wichtig ist."
Nach Weihnachten
GSC verschenkt übrigens einmal jährlich ein Programm. Normalerweise allerdings nur an Non-Profit-Organisationen. Oder solche, die man bislang dafür hielt, erfuhr Hubertus Bessau: "Wären wir es nicht gewesen, wäre es Unicef geworden."
Auch ohne E-Mail-Software ist die Arbeitsbelastung für die Müslimacher gesunken. Zum einen ist nach dem Weihnachtsmüsli-Hype der Umsatz mit rund 65.000-70.000 Euro nun etwa wieder auf dem Niveau vom Oktober, erzählt Bessau. Zum anderen sind die neue Bürokraft ("Die ist wirklich schnell") und der neue Produktionsleiter nun weitestgehend eingearbeitet.
Zwei Wochen im Voraus
Der Neue hat gemeinsam mit den Firmengründern zudem 15 neue Hilfskräfte eingestellt. Auch, wenn das nicht dringend notwendig gewesen wäre. Aber schließlich soll der Sonntag demnächst nur noch in Ausnahmefällen als Produktionstag genutzt werden.
Und auch die Arbeitspläne werden jetzt zwei Wochen im Voraus erstellt. "Bislang riefen die Mixer manchmal abends um 11 Uhr bei Max an und sagten, ob sie am nächsten Tag arbeiteten oder nicht", erzählt Bessau.
Für Max Wittrock haben die Neuerungen bereits ganz praktische Auswirkungen. Er hat - als erster der Gründer seit über einem Jahr - Urlaub genommen und verbringt eine müslifreie Woche auf Sizilien.
FTD.de, 12.02.2008
Dublin, Nürnberg, Leverkusen
von Claus Hornung
Ob die ganzen Gerüchte wohl stimmen, die man so über Google hört? "Da soll es für jeden Mitarbeiter einen eigenen Kicker geben. Und eine Pizza-Flatrate und Räume, die nur zum Nachdenken da sind - wo man sich stundenlang mit den Füßen an die Decke hängen kann", sagt Hubertus Bessau lachend.
Er wird es herausfinden. Von Mittwoch bis Samstag besucht er die Europa-Zentrale von Google in der irischen Hauptstadt Dublin. Die Einladung gab's vom Sachbearbeiter (offiziell: Key Accountant Manager), der die Google-Ads von Mymuesli betreut.
"Der meinte, wir hätten außergewöhnliche Werte", sagt Hubertus Bessau. Er selbst ist mit den Erfolgen allerdings noch nicht zufrieden. "Aber man hat ja keine Vergleichswerte." Rund 500 bis 1000 Euro stecken die Müslimacher monatlich in ihre Onlinewerbung, abhängig von den Klickzahlen - steigen diese, erhöht sich auch der Preis für die Anzeigen.
"Wir würden gern noch mehr investieren, aber es gibt so wenig Leute, die nach dem Begriff ‘Müsli' suchen." Die Aufgabe, das Suchmaschinen-Marketing zu optimieren, haben die Mymueslis übrigens inzwischen ausgelagert.
Verpackungsproblem
Während Bessau in Dublin unterwegs ist, besuchen die Mitgründer Max Wittrock und Philipp Kraiss in Nürnberg die Messe Biofach. Dort suchen sie zum einen weitere Zulieferer für Bioprodukte. Damit man sich auf mehr als einen Lieferanten stützen kann, wenn es mal Lieferengpässe gibt, wie in der Mango-Krise vom Juli 2007.
Und noch immer suchen die Passauer auch nach einer umweltfreundlicheren Verpackung. Größtes Ärgernis ist nach wie vor die Alu-Membran, die die Dose verschließt. "Nach unserem Wissensstand gibt es dafür zur Zeit keine Alternative", sagt Bessau. Und besonders groß sei der Deckel ja auch nicht.
"Aber es ist halt Alu." Nach eher enttäuschenden Erfahrungen auf der letzten Fachpack, hofft Bessau, dass man in Nürnberg zumindest auf Leute treffen könnte, die eine Ahnung haben, wo man umweltfreundlichere Verpackungen beziehen kann.
Hilfe für Gründer-Schüler
Wo man gute Infos in punkto Gründung beziehen kann, ahnten die Schüler eines Wuppertaler Wirtschaftgymnasiums. Für ihre Teilnahme beim deutschen Gründerpreis für Schüler wünschten sie sich die Müslimacher als Paten. "Die meinten, wir bräuchten auch nicht viel tun", sagt Hubertus Bessau, "aber ich habe geantwortet: Wenn wir das machen, wollen wir auch richtig helfen."
Als ob man nicht genug zu tun hätte. Bessaus Eltern jedenfalls haben jetzt auf den gründerbedingten Zeitmangel ihre Sohnes reagiert. Zu seinem 27. Geburtstag am vergangenen Wochenende schenkten sie ihm einen Gutschein für ein Bett.
FTD.de, 19.02.2008
Google besucht, Verpackung gesucht
von Claus Hornung
Firmenbesuch bei Google in Dublin: Hubertus Bessau wird eingeladen und ist beeindruckt – und nutzt die Gelegenheit, um sein Müsli zu promoten.
Nein, bei Google hängen die Mitarbeiter nicht mit den Füßen an der Decke. Ja, ein Besuch in der Firmenzentrale ist dennoch sehr beeindruckend. Sagt Hubertus Bessau, der dort vergangene Woche zu Besuch war.
Kaum Papier sei zu sehen, sagt Bessau. "die machen wirklich alles online, alle benutzen Google Doc Tools - das sind praktisch Excel-Tabellen, an denen mehrere Leute gleichzeitig arbeiten können." Dass es das gibt, war Bessau klar. Dass wirklich jemand damit arbeitet findet er erstaunlich.
Neben Bessau waren rund 80 weitere Gäste eingeladen – die besten Adword-Kunden von Google, nämlich. "Ich habe mich ein bisschen gefragt, warum ich da war." Vertreter großer Versandhandelskonzerne und Reiseveranstalter seien da gewesen. "Die geben wirklich mehrstellige Millionenbeträge für diese Art der Werbung aus", sagt Bessau fast ehrfürchtig, "hohe mehrstellige Millionenbeträge. Da sind wir doch ein bisschen von entfernt."
Neue Lieferanten
Wichtig natürlich auch: Die Snackinseln. Mit Obst, Sojamilch, Vollwert-Cookies, Öko-Schokoriegeln und und und. Und bald auch Mymuesli-Müsli? Hubertus Bessau lacht. "Noch nicht." Aber ein erster Ansatz sei gemacht. Erst war da die Idee, Mymuesli-Aufkleber an die Kühlschränke zu pappen. "Das schien mir dann doch zu dreist."
Dafür überreichte er dem Google-Deutschlandchef Christian Baudis im Anschluss an eine Rede eine "Apple Addict"- und eine "Fruit Deluxe"-Dose und wies daraufhin, dass man diese auch online bestellen könne. Auch das "war ein bisschen peinlich" meint Bessau leise, aber die anderen Teilnehmer hätten ihm anschließend versichert, die Aktion habe "sehr sympathisch" gewirkt.
Unterdessen haben Bessaus Mitgründer Philipp Kraiss und Max Wittrock auf der Messe Biofach neue Lieferanten gefunden. Nicht nur für rote Beeren wir Himbeeren und Erdbeeren - in Bioqualität schwer zu bekommen - sondern auch für Pops.
Geringe Nachfrage
Die Hersteller aus Italien und den Niederlanden bieten die kugelförmige Müslibeilage in alle Formen und Geschmacksrichtungen an. Ebenfalls in Bio, versteht sich. "Das ist natürlich interessant, wenn man seine Zielgruppe erweitern will", sagt Hubertus Bessau. "Kinder" nennt er als Beispiel und "Kulturräume, die nicht nur sehr natürliche Dinge mögen, sondern etwa auch, dass es nachts leuchtet."
Nur eines gab es mal wieder nicht in Bioqualität: Verpackungen. "Es gab wieder Hersteller, die sagten: Das ginge schon, aber wir können es nicht liefern." Angeblich sei die Nachfrage noch zu gering. "Wir haben uns schon gedacht. Wenn das keiner kann, müssen wir es wohl selbst machen", sagt Bessau.
Das wäre dann das zweite Startup, das er gründet. Platz dafür wäre da. Denn Anfang dieser Woche haben die Müslimacher alle Büros verlegt - in das Gebäude, in dem sich auch ihre Lagerräume befinden. Nach mehr als einem Jahr ist das eine Zeitenwende für Hubertus Bessau, Philipp Kraiss und deren Mitbewohner: Ihre Wohnung ist nun kein Büroraum mehr, sondern nur noch eine Wohnung.
FTD.de, 26.02.2008
In geordneten Bahnen: Die Mymuesli-Monatsbilanz
von Claus Hornung
Endlich Routine: Dank neuer Mitarbeiter können die Müslimacher Arbeitsabläufe überprüfen und strukturieren. Gründer Hubertus Bessau über die Lehren aus dem Februar.
Was haben Sie im vergangenen Monat gelernt?
Dass ein geordnetes Wachstum nur mit einer sauberen Verwaltung möglich ist. Routineprozesse haben eben doch eine Daseinsberechtigung. Besonders dort, wo das Unternehmen einfach funktionieren muss. Bei uns ist das zum einen die Produktion, die wir immer weiter strukturieren und standardisieren. Zum anderen sind das sicherlich die Back-Office-Abläufe, wie Support oder Buchhaltung. Erst wenn jeder weiß, was wann zu tun ist, wird die Organisation belastbar.
Was war die größte Überraschung für Sie?
Bei Mymuesli haben sich die Überraschungen wirklich in Grenzen gehalten. Wirklich überrascht hat mich die Reaktion der Öffentlichkeit auf Steuerskandal. Als hätte niemand geahnt, was da vor sich geht. Dabei hätte die Frage hätte doch lauten müssen: Warum versucht die Landeselite, ihr Vermögen am Staat vorbeizuschleusen? Ist es wirklich die reine Gier nach noch mehr? Und: Wie können wir es schaffen, dass in Zukunft freiwillig auf solche Aktivitäten verzichtet wird?
Was war der größte Erfolg?
Nach dem Abschied unserer bisherigen Super-Praktikanten Christine, Florian, Sarah und Melanie freuen wir uns, weitere sehr motivierte Top-Studenten gefunden zu haben, die uns in nächster Zeit unterstützen werden.
Was war das größte Hemmnis?
Ressourcenmangel. Mittlerweile ist Zeit das knappste Gut geworden. Es dauert alles zu lange - selbst, wenn man bereit ist, dafür Geld auszugeben.
Was ist die größte Herausforderung des kommenden Monats?
Die intern ausgebauten Ressourcen, "Manpower" und Infrastruktur, skalierbar zu gestalten und auszulasten. Außerdem wir unser internes Netzwerk erneuert. Hier gilt es, alle Mitarbeitern von den tollen neuen Funktionen zu überzeugen.
Was haben Sie diesen Monat investiert, was war der größte Einzelposten?
Gojibeeren und iMacs wechseln sich ja bei uns bei dieser Frage dauernd ab. Diesen Monat war es wieder einmal ein iMac für 1175 Euro als Arbeitsplatz.
FTD.de, 04.03.2008
Und noch ein Preis
von Claus Hornung
Drei Auszeichnungen hatten die Gründer von Mymuesli schon erhalten. Auf der Cebit kam der vierte hinzu: Der Multimediapreis des Bundeswirtschaftsministeriums.
Nein, die Müslimacher waren nicht überrascht von der neuen Auszeichnung. Jedenfalls nicht mehr am vergangenen Mittwoch, als sie auf der Cebit in Hannover den Multimedia-Gründerpreis des Bundeswirtschaftsministeriums erhielten. Das hatten sie nämlich bereits im Januar erfahren. Nur, öffentlich machen durften sie es noch nicht, wegen der feierlichen Preisverleihung und so.
Inzwischen ist es der vierte Preis für die Jungunternehmer. Aber warum Multimedia? Passt das überhaupt auf Mymuesli? "Das kann man mit Recht fragen", meint Hubertus Bessau und lacht: "naja, wir benötigen ja viele Medien. Aber ich glaube, der Preis ist einfach entstanden, als Multimedia ebenso noch ein Schlagwort war, wie es Web 2.0 inzwischen auch bald nicht mehr ist."
Nach kurzem Zwischenstopp
Und auch die 25.000 Euro Preisgeld würden "multimedial investiert", sagt Bessau - in neue Computer für das Mymuesli-Büro. Apple, versteht sich. "Wir wollen ja möglichst produktiv sein."
Nach kurzem Zwischenstopp in seiner Heimatstadt Emden kehrte Bessau samstags noch einmal zur Cebit zurück, für einen Workshop der Initiative D21. Drei Gründer - neben Bessau Katharina Toparkus von Autoki und Karsten Wysk von meinsport.de - diskutierten und stellten sich den Fragen von 70 Gründungs-Interessierten.
Die meisten davon seien wohl vor allem froh gewesen zu sehen, dass Gründer ganz normale Menschen seien, sagt Hubertus Bessau. "Deswegen ist es auch schön, etwas mit anderen Gründern zu machen. Und ich hatte das Gefühl, dass wir ähnlich ticken - auf Fragen waren wir uns im Podium eigentlich immer einig."
Die Frage
Zum Beispiel auf die Frage, ob man sich schon während eines Studiums als Gründer engagieren sollte. "Ich habe gesagt: Es gibt keinen besseren Zeitpunkt. Da hat man normalerweise noch keine Familie und die Lebenshaltungskosten sind niedrig."
Auch Bessau hatte während des Studiums bereits eine Automaten-Videothek betrieben. Und versucht, ein Online-Netzwerk für Bauherren, Architekten und Handwerker zu gründen. Die Idee floppte. "Aber dabei kann man soviel Erfahrungen sammeln, wie sie das verlorene Semester nicht aufwiegen kann."
Die Frage, ob man das Studium notfalls abbrechen sollte, kam nicht. "Dann hätte ich gesagt, dass es kein Fehler sein muss, sein Studium abzubrechen, wenn man davon überzeugt ist, dass man die Idee seines Lebens gefunden hat. Dafür gibts genug Beispiele."
FTD.de, 11.03.2008
Essen ist fertig
von Claus Hornung
Sportmüsli, Weihnachtsmüsli, Ostermüsli. Das Gründerteam von Mymuesli bietet zunehmend auch fertig gemischte Müslivarianten an.
Möhren im Müsli sind sicher nicht jedermanns Sache. Nicht mal die der Mymuesli-Macher selbst (wie im Mymuesliblog zu sehen ist). Aber da ja nicht der Geschmack des Verkäufers sondern des Kunden ausschlaggebend ist, hat Mymuesli dieses Produkt getrocknet und gefriergetrocknet im Angebot.
Und, natürlich, weil Ostern ist. Das inzwischen zweitgrößte "Schenkfest" in Deutschland - hat Hubertus Bessau neulich gelesen. Direkt nach Weihnachten und Geburtstagen. Mymuesli kreierte darum zwei Oster-Müslis, die zwar an den Erfolg der Weihnachtsmüslis nicht herankommen, aber doch sehr gut laufen. Auch ein Valentinstag-Müsli war zwischenzeitlich im Programm.
Die Saison-Aktionen sind auch ein Testballon. Neben der Ur-Idee der Firma, dem Selbermischen der Zutaten, planten die Müslimacher bereits relativ früh fertig gemischt Müslis, neudeutsch: ready to eat.
Sport oder Lifestyle
Ein spezielles Läufer-Müsli, entwickelt vom Institut für Sporternährung Bad Nauheim für Mymuesli und das Sportmagazin Runnersworld, das bereits seit einem halben Jahr auf dem Markt ist, liefe so erfolgreich, dass es eine eigene Packung erhalten soll, sagt Bessau.
In jedem Fall sollten solche Fertig-Mischungen aber einen bestimmten thematischen Bezug wie Sport oder Lifestyle haben. Wie praktisch, dass Bessau und seine Mitgründer mit dem Komplettumzug des Unternehmens gerade ein allfreitägliches gemeinsames Frühstück mit ihren Mitarbeitern eingeführt haben.
Eigentlich erstmal zur Stärkung der internen Kommunikation - "da besprechen wir alles, was in der vergangenen Woche gut gelaufen ist und was die Aufgaben für die nächste sind", sagt Bessau. Und ganz nebenbei ist so auch stets eine Anzahl Testesser versammelt.
FTD.de, 18.03.2008
Praktikanten am Haken
von Julia Graven
"Gleich vorweg. Wenn es Dir um einen guten Nebenverdienst geht, brauchst Du nicht weiterzulesen." So sucht das mittlerweile ziemlich bekannte Startup Mymuesli neue Mitarbeiter - mit Erfolg.
Vergangenen Mittwoch erst hat sich wieder eine Studentin vorgestellt, die ein Praktikum bei Mymuesli machen möchte. Ohne die engagierten Praktikanten und Werksstudenten könnten Hubertus Bessau und seine Mitgründer die Haferflocken in der Tüte lassen.
Sechs Studentinnen und Studenten sind derzeit bei Müsli beschäftigt. Zwei von ihnen in Vollzeit, die übrigen kommen mindestens zwei- oder dreimal die Woche halbtags. Und alle arbeiten begeistert an dem Gründerprojekt mit. Hubertus Bessau kann die Praktikanten gar nicht genug loben: "Die haben gute Ideen und denken super mit."
Zum Beispiel Thomas aus Leipzig. Der Student der Telekommunikationsinformatik hat sich bis zum Sommer eine Wohnung in Passau genommen und wird sogar seine Bachelor-Arbeit bei Mymuesli schreiben. Wenn man Leute von solcher Qualität habe, sagt Bessau, seien die auch ohne lange Einarbeitungszeit produktiv. "Mit denen kann man richtig was reißen."
Das etwas andere Praktikum
Am Geld kann es nicht liegen. An luxuriösen Arbeitsbedingungen auch nicht. Die Praktikanten müssen zusehen, dass sie im Büroraum einen Rechner finden, der gerade nicht belegt ist. Wahrscheinlich bleiben sie deswegen auch abends meist so lange sitzen wie die drei Gründer.
Als Ausbeuter sehen sich die Mymuesli-Macher nicht. Sie suchen Studenten, die nicht wegen des Geldes kommen oder weil sich der Firmenname gut im Lebenslauf macht. Ein Praktikum bei Mymuesli sei eben etwas anderes als in einer großen Firma Kaffee zu kochen, sagt Bessau.
"Riesen-Action"
Praktikant Fabian zum Beispiel durfte für den Mymuesli-Blog gerade den rasenden Videoreporter spielen, andere besprechen schon mal mit einem Chefredakteur eine Kooperation. Die Studenten sind aktiv an der Unternehmensgründung beteiligt.
Besonders in der Anfangszeit in der WG-Wohnung sei das "Riesen-Action" für alle gewesen, sagt Bessau. Doch die Praktikanten hätten das sehr genossen. Die meisten Ehemaligen seien richtiggehend "gehookt", sagt der Jungunternehmer. Das heißt, sie hängen am Haken der Müsli-Idee und wollen sehen, wie es weitergeht.
Schließlich haben sie alle einen kleinen Teil zum Erfolg beigetragen. Ein Ex-Praktikant, mittlerweile bei Siemens in München, schaut an den Wochenenden immer mal wieder vorbei. "Der ist richtig enttäuscht, wenn wir sagen, wir sind am Samstag und Sonntag nicht im Büro."
FTD.de, 25.03.2008
Geschäftszahlen Dez 07 – Mrz 08
Fünf Gründer auf dem Weg in die Gewinnzone
von Thomas Clark
Umzug in eine größere Lagerhalle, Anmietung von Büroräumen, Einstellung von Mitarbeitern - für Hubertus Bessau und seine Gründerkollegen Philipp Kraiss und Max Wittrock war klar, dass die Kosten im jüngsten Quartal deutlich steigen würden.
Doch die Maßnahmen waren dringend notwendig. Kundenservice aus einer Büro-Nische der Studenten-WG und Müsli-Abfüllen bis drei Uhr morgens war einfach nicht mehr machbar - selbst für wackere Gründer mit enorm viel Tatendrang.
Dass sich die Schaffung geschäftlicher Strukturen nicht nur für das persönliche Wohlergehen von Hubertus Bessau gelohnt hat, sondern im Zuge der Geschäftsentwicklung auch sinnvoll war, zeigt die Entwicklung des Umsatzes.
Während Mymuesli von September bis November auf Erlöse von 205.392 Euro kam (siehe Quartal 1), fiel im abgelaufenen Quartal (Dezember bis Februar) ein Umsatz von 271.314 Euro an. Das ist ein Anstieg von 32 Prozent.
Simple Schlussfolgerung
Auf Monatsbasis sahen die Erlöse folgendermaßen aus:
Einnahmen:
Dezember:
110.397 Euro
Januar:
88.846 Euro
Februar:
72.071 Euro
Gesamt:
271.314 Euro
Die Monatsergebnisse drängen den Schluss auf, dass im Dezember der Absatzhöhepunkt erreicht wurde und die Verkäufe seitdem stetig zurück gehen. Diese Schlussfolgerung ist jedoch zu simpel. Denn der Grund für die hohen Erlöse im Dezember lag nicht zuletzt am hohen Absatz von Müsli-Gutscheinen, die von vielen Kunden als Weihnachtsgeschenke geordert wurden.
Gutscheine im Wert von 15.000 Euro hat Mymuesli im Advent verkauft. Bei einer einfachen Einnahmen-Ausgaben-Rechnung wie dieser wird dieser Betrag sofort als Umsatz deklariert.
Aktivierte Gutscheine
In der steuerlichen Bilanz der Mymuesli GmbH sieht die Sache anders aus: Dort werden die verkauften Gutscheine erst dann als Umsatz aktiviert, wenn sie auch eingelöst werden. In der steuerrechtlichen Bilanz ist damit der Dezember-Umsatz deutlich geringer, im Januar und Februar hingegen höher, weil in diesen Monaten viele Gutscheine bereits eingelöst wurden.
Vielleicht ist diese Methode wirklich besser, um einen Einblick in die Geschäftsentwicklung zu bekommen, denn Erlöse und Kosten stehen so in einem engeren Zeitrahmen. Zudem sinken bei sofortiger Berücksichtigung der Gutschein-Erlöse fast unweigerlich die zukünftigen Erlöse.
Denn Mymuesli-Kunden, die mit Gutscheinen beschenkt wurden, bestellen nicht automatisch mehr als sonst, sondern freuen sich vielmehr, dass sie ihre nächste Ration nicht mehr bezahlen müssen.
Der Block der Personalkosten
Die Ausgaben des Quartals teilen sich auf Monatsbasis folgendermaßen auf:
Ausgaben:
Dezember:
85.762 Euro
Januar:
50.694 Euro
Februar:
76.611 Euro
Gesamt:
213.067 Euro
Mit rund 35.000 Euro ist der Einkauf von Rohstoffen für das Müsli immer noch der größte Kostenblock. Im Dezember musste eine große Lieferung an Müslidosen beglichen werden, was sich mit etwa 12.000 Euro zu Buche schlug. Die angelieferten Dosen reichten bis in den Februar hinein.
Mittlerweile arbeiten bei Mymuesli zwei fix angestellte Personen, eine Bürokauffrau und ein Produktionsleiter. Zudem waren noch rund 35 Teilzeitkräfte beschäftigt, die sich um das Mixen, Verpacken und den Versand der individuellen Müslis kümmerten. Sie wurden auf Basis der so genannten "400-Euro-Kräfte" eingestellt und nach Stundensatz bezahlt. Insgesamt betrugen die Personalkosten etwa 22.000 Euro.
Rückwirkendes Gehalt
Der Umzug in neue Büros, sowie der Kauf von zwei neuen PCs und einigen Einrichtungsgegenständen kosteten 4000 Euro. Die Mietkosten für Lager und Büro lagen im Quartal bei etwa 3000 Euro.
Hubertus Bessau und seine zwei Gründerkollegen zahlten sich weiterhin kein Gehalt aus, planen jedoch, sich rückwirkend zum 1. Januar 2008 ein Salär von 1000 Euro pro Kopf und Monat zu geben. Das ist etwas mehr als die ursprünglich geplanten 800 Euro, weil "die Sozialversicherung doch etwas mehr kostet als gedacht", wie es Bessau ausdrückt.
Leisten können sich die drei Gründer dieses immer noch sehr bescheidene Gehalt allemal. Die Kapitalreserven sind mittlerweile auf 177.000 Euro angestiegen. Mit Schuldenmanagement muss sich Hubertus Bessau noch immer nicht befassen. Mit Stichtag 29. Februar hatte die Mymuesli GmbH keinerlei Bankverbindlichkeiten.
Quellen: Angaben von Hubertus Bessau, Auszüge des Geschäftskontos
FTD.de, 31.03.2008
Aufgeräumt
von Claus Hornung
Dank neuer Mitarbeiter haben die Macher von Mymuesli wieder Zeit für Wesentliches.
Hubertus Bessau lehnt sich zurück in die Kunstledersitzbank und sieht ziemlich geschafft aus. Die Portionen im PS Diner, Truckertreff im Gewerbegebiet von Passau, sind etwas für echte Männer.
Bessaus Mutter würde sich freuen, dass ihr Sohn heute eine warme Mahlzeit bekommen hat. Sie hat ihm zum Geburtstag einen Gutschein für ein neues Bett geschenkt und hat ständig Sorge, dass der Junge sich zu viel zumutet.
Dabei sind Bessau und seine Kompagnons Philipp Kraiss und Max Wittrock jetzt wieder relativ ausgeschlafen. Sie haben Struktur in ihre kreativ-chaotische Müsliunternehmung gebracht. Neue Mitarbeiter, neue Computer und Büros haben die Situation des Startups entspannt und Routine möglich gemacht.
Die persönliche Mischung
"Vor ein paar Wochen noch haben wir jeden Tag gearbeitet, bis wir vor Erschöpfung umgefallen sind", sagt Bessau. Da musste er nur ins nächste Zimmer wanken, um vom Schreibtisch ins Bett zu fallen.
Bis Ende Februar hatte Mymuesli Büros, Praktikanten, Server und eigentlich alles bis auf das Müsli in der WG-Wohnung des 27-Jährigen untergebracht. Sie ahnten nicht, wie schnell ihre Idee sich durchsetzt: Seit April 2007 kann sich auf der Website Mymuesli.com jeder Müsliliebhaber seine persönliche Mischung zusammenstellen. Aus 75 Zutaten, von der Haferflocke bis zur tibetischen Goji-Beere.
Bis an die Grenzen
Der Erfolg überrennt das Gründertrio. Vor Weihnachten ist es dann so weit: Mymuesli gerät an die Grenzen. Täglich müssen sie zu privaten Bestellungen noch drei bis vier Firmenmischungen produzieren, dazu Weihnachtspräsente für Kunden und Mitarbeiter.
Die Jungunternehmer arbeiten bis zu 110 Stunden in der Woche, die Lieferzeiten werden immer länger, und täglich warten 500 E-Mails auf jemanden, der sie beantwortet. Das ist heute anders, zum Glück. Als Hubertus Bessau nach dem Mittagessen in der Produktionshalle vorbeischaut, berichtet ihm Produktionsleiter Gunter Huber auf Niederbayerisch stolz, dass alle bezahlten Bestellungen fertig gemischt sind und auf den Fahrer von DHL warten.
Zwischen Geldeingang und Verschickung liegen jetzt keine 24 Stunden mehr. Dadurch ist auch die E-Mail- Flut deutlich zurückgegangen. "Die Leute kommen jetzt gar nicht mehr dazu, uns zu schreiben, dass sie statt Apfel lieber Rosinen in ihrer Bestellung hätten oder dass wir das Müsli doch ins Büro schicken sollen", sagt Bessau. Mit den Anfragen, die dennoch eingehen, wird die junge, neue Bürokraft allein fertig.
37 Mitarbeiter sind es inzwischen. Die beiden Festangestellten, der Produktionsleiter und die Bürokraft, sind seit Februar dabei und wirken deutlich stressmindernd. Der Produktionsleiter hat 15 neue Aushilfen eingestellt, die mit Plastikhauben und weißen Thermojacken im Kühlraum das Müsli mischen. Viele sind Hausfrauen, die seien zwar manchmal etwas langsamer als die Studenten, dafür aber zuverlässiger.
Für die Gründer heißt das: Sie müssen nicht mehr alles selbst machen und haben nicht ständig das Gefühl, der rasanten Entwicklung der Firma hinterherzuarbeiten. "Jetzt haben wir den Drang nach vorne", sagt Bessau selbstbewusst.
Dafür ist er auch bereit, Geld in die Hand zu nehmen. Für einen umweltfreundlichen Firmenwagen zum Beispiel oder eine Abfüllmaschine für das Müsli, für die ein Freund gerade einen Prototyp baut. Auch zusätzliche PC-Arbeitsplätze stehen auf dem Plan und vielleicht zwei weitere Mitarbeiter. Platz genug wäre in den fast leeren Büroetagen mit der waldgrünen Inneneinrichtung.
Kein Mangel an Ideen
An Ideen mangelt es jedenfalls nicht. Mymuesli wird mehr Ready-toeat- Müslis ins Programm aufnehmen. Spezielle Mischungen für Läufer, Schwangere oder auch ein Diätmüsli. Es wird ein Müsliabo geben und Partnerprogramme, etwa mit Gesundheitsportalen oder Zeitschriften. Viel zu tun also.
Die drei Jungunternehmer haben sich trotzdem darauf verständigt, jeweils zwei Wochen Urlaub zu nehmen. Wohin es geht, darüber hat sich Hubertus Bessau noch keine Gedanken gemacht. Für ihn ist es schon Luxus, "abgefahrene" Zeitschriften zu lesen "über Marketing oder so". Das neue Bett hat er sich auch noch nicht gekauft.
FTD.de, 01.04.2008
"Wir kaufen alles!"
von Julia Graven
Es wird Frühling - zumindest im Müsli. Seit Monaten haben die Mymuesli-Macher auf Fachmessen und im Internet nach Lieferanten geforscht, die das Müsli mit Erdbeeren und Himbeeren aufpeppen können - in Bioqualität natürlich.
Kurz vor Ostern sind sie endlich fündig geworden - bei dem Hersteller, der ihnen auch die Karotten für den "Hasenfutter"-Ostermix geliefert hat. Der hatte zwar bisher mit Beeren wenig am Hut, besitzt aber eine spezielle Anlage, mit der sich frische Produkte so gefriertrocknen lassen, dass die Nährstoffe erhalten bleiben.
Allerdings ist das Verfahren teuer, denn von 10 Kilogramm frischen Erdbeeren bleibt nicht mal ein gefriergetrocknetes Kilogramm übrig. So sind auch die Früchtchen, die sich ab heute ins Müsli mischen lassen, nicht billig. 95 Cent für 15 g Himbeeren, die gleiche Menge Erdbeeren kostet sogar 1,05 Euro. Trotzdem werden sich viele Kunden freuen, die im Blog oder in Mails immer wieder Beeren gefordert hatten.
Auch Mango ist seit gestern wieder da. Nach einem Beitrag in der Vox-Sendung "Wissenshunger" war es nämlich nicht nur mal wieder zu einem stundenlangen Totalzusammenbruch der Homepage gekommen. Auch die Mango-Vorräte waren zur Neige gegangen. "Dabei hätten die uns unter normalen Umständen locker ausgereicht", sagt Hubertus Bessau achselzuckend.
Engpass nach Fernseh-Beitrag
Der Anruf beim Lieferanten brachte eine ernüchternde Nachricht: Lieferengpass. Die Produktionsschicht am Sonntag musste daher ausfallen, obwohl die Müslimischer mit fünf Tagen Lieferzeit immer noch den Fernseh-Peak bei den Bestellungen abarbeiten.
"Leider hat uns niemand Bescheid gesagt, dass der Beitrag gesendet wird", sagt Hubertus Bessau. "Sonst hätten wir uns viel besser vorbereiten können." So saßen die Müslimischer abends um halb sieben vor ihren Computern und wunderten sich, dass der Server in die Knie ging. Nicht, weil er kaputt war, sondern weil so viele Leute auf die Seite zugriffen.
Auch am Tag danach mussten die Kunden noch eine halbe Stunde auf der Website verbringen, um eine Bestellung loszuwerden. Und dann war die Mango ausverkauft. Zum Glück hat Mymuesli-Mitgründer Philipp Kraiss die Lieferantenszene mittlerweile gut im Griff. Und er fand es dann auch ganz amüsant, bei einem der größten europäischen Lieferanten anzurufen und zu sagen: "Wie viel Mango haben sie noch auf Lager? Wir kaufen alles!"
FTD.de, 08.04.2008
Brauchen wir das eigentlich?
von Claus Hornung
Es gibt Sätze, die verwenden Unternehmer, wenn sie eigentlich nichts sagen aber dennoch Optimismus versprühen wollen. "Wir sind auf einem guten Weg", ist einer davon. Hubertus Bessau verwendet ihn, als er über die Weiterentwicklung der unendlichen Geschichte vom CRM-System spricht.
Aber noch kann er selbst über die Formulierung lachen. Und zudem tut sich nun wirklich etwas. Sechs solcher Systeme haben sich die Müslimacher in den vergangenen zwei Wochen vorführen lassen. Live-Demonstration auf dem Bildschirm während der jeweilige Präsentator am Telefon erklärte, was es dort zu sehen gibt.
"Ganz schön langatmig" könne das sein, sagt Bessau. Und ganz schön teuer. Schwieriger als die Höhe ist aber die Unübersichtlichkeit der Preise. "Erstmal gibt es eine Set-up-fee, eine Einrichtungspauschale.
Dann pro Arbeitsplatz eine Lizenz, die meist auch noch monatlich abgerechnet wird. Dann Support- und Wartungsverträge", erzählt Bessau, "am Anfang hört es sich immer billig an und dann wird es richtig teuer. Zwischen 2500 Euro und 12.000 Euro war alles dabei."
Systematische Möglichkeit
Und auch die Anwendungsmöglichkeit der Systeme sind höchst unterschiedlich. Etwa für die Newsletter. Ein System, mit dem man nachvollziehen kann, um welche Uhrzeit die Newsletter geöffnet wurden, mit dem man nachvollziehen kann, welche Betreffzeilen besser ankommen, wäre hilfreich.
Oder Kategorien, die etwa Alter, Geschlecht und Wohnort der Kunden abgleichen. Aber manche Systeme können noch viel mehr. Eigentlich alles, was man ihnen vorgibt. "Aber dafür hat das auch seine eigene Schriftsprache mit seiner eigenen Logik. Das ist in wenig, als würde man einen Server konfigurieren", sagt Bessau. Und außerdem stelle sich dann schnell die Frage: "Brauchen wir das überhaupt?"
Ein klarer Fall
Vielleicht spare man sich ja doch die Einrichtungsgebühren und programmiere wieder selbst, sagt Bessau. Nicht ganz selbst, heißt das. Mit zwei Studenten, die für Mymuesli bereits das Order-Management für Adressänderungen, Kontoabgleich und ähnliche Vorgänge programmiert haben, wollen die Müslimacher nun Pauschalsummen vereinbaren, damit diese ihnen für eine feste Zeit im Monat zur Verfügung stehen.
Eine Investition haben die Jungs ziemlich schnell beschlossen: Einen fahrbaren Basketball-Korb. Die Anregung dazu kam Bessau bei seinem Google-Besuch. Ein klarer Fall: Das brauchen wir auch.
Aber nicht nur, um die soziale Komponente des Unternehmens durch gemeinsame Spiele am Abend zu stärken, "Wenn man dann richtig verschwitzt ist, will man auch nicht gleich nach hause fahren", sagt Hubertus Bessau und lacht, "da bleiben die Leute freiwillig länger und arbeiten noch ein bisschen."
FTD.de, 15.04.2008
Müsli für Randsportarten
von Claus Hornung
Die Gründer des Startups Mymuesli drängen weiter in Richtung fertig entwickelter Müslis. Theoretisch könnte für jede Sportart die passende Mischung kreiert werden.
Raus aus der Standarddose: Ab heute hat das Mymuesli-Sportlermüsli seine eigene Verpackung. Plus Trainings- und Ernährungstipps in einem Extra-Booklet.
Für Mymuesli ist das ein weiterer Schritt in Richtung "Ready-to-eat"-Müslis. "Da wollen wir uns ja generell stärker engagieren", sagt Gründer Hubertus Bessau. Mehrere Läufer-Blogs, die die neuen Kreationen zum Probeessen erhielten, äußerten sich positiv.
Müsli für jede Sportler-Situation
"Das Wort ist zwar abgedroschen, aber wir können den Longtail bedienen. wir können schon ab einer Dose produzieren." Und darum soll es richtig kleinteilig werden. Geplant ist nicht nur DAS Läufermüsli, sondern gleich mehrere. Eines für die Zeit während des Trainings, eines für direkt vor dem Lauf, wegen der Kraftreserven und eines zur Regeneration für danach. "Wir könnten sogar für ganz spezielle Nischen und Randsportarten produzieren."
Randsportarten? Mal im Ernst: Gibt's denn überhaupt so große Unterschiede? Theoretisch schon. "Die Ernährungswissenschaftler sind inzwischen so weit, dass sie sagen können, welches Müsli ein Abwehrspieler braucht und welches ein Stürmer", sagt Bessau. Aber das, schiebt er hinterher, ginge auch ihm dann wohl ein wenig zu weit. Er lacht: "Ob die eine Rosine weniger in der Packung dann wirklich den Unterschied macht..."
Ein Basketball-Müsli ist übrigens noch nicht geplant. Trotz neuen Korbes auf dem Mymuesli-Gelände. Der wird nämlich zurzeit nur selten genutzt. Die überwiegend weiblichen Angestellten bei Mymuesli sind, scheint's, an Basketball nicht wirklich interessiert. Randsportart, sozusagen.
FTD.de, 22.04.2008
Wer hat an der Uhr gedreht?
von Claus Hornung
Das Startup Mymuesli feiert sein einjährige Bestehen und verteilt Geschenke: an die Kunden, an seine Mitarbeiter und an die Umwelt.
Überschwängliche Glückwunsch-Reden entsprechen nicht dem Naturell von Hubertus Bessau. Sein Kommentar zu der Tatsache, dass Mymuesli am morgigen Mittwoch ein Jahr alt wird, fällt daher entsprechend nüchtern aus: "Das ist eigentlich so wie auch ein Geburtstag von mir: Man ist einen Tag älter geworden - aber dadurch ändert sich nicht das Leben."
Immerhin, es gibt Geschenke. Eines für die Mitarbeiter. Man könnte sagen, in Form eines Betriebsfestes. Aber weil das nicht nur nüchtern, sondern auch tendenziell spießig klingt, sagen wir einfach: Die ganze Mymuesli-Belegschaft hat gemeinsam gefeiert. Auf der Maidult, was so ungefähr das Passauer Pendant zum Oktoberfest ist. Inklusive lauter Blasmusik. So laut, dass dort Glückwunsch-Reden von vornherein gar nicht möglich waren, was Bessau sehr entgegen kam.
Umweltschutz mit im Visier
Das zweite Geschenk geht an die Umwelt. Denn ab morgen versendet Mymuesli klimaneutral. DHL, das Versandunternehmen, mit dem Mymuesli zusammenarbeitet, verpflichtet sich für eine erhöhte Paketgebühr, in klimafreundliche Projekte zu investieren. Das passt zum biologischen Anspruch von Mymuesli, meint Bessau, und überhaupt: "Wenn es um Innovationen geht, die dem Planeten gut tun, sind wir gern mit dabei."
Sicher, wer wie den Ausstoß von Emissionen berechne, auf dem solche Projekte und auch der Zertifikate-Handel mit Emissionen beruhe, sei nicht klar nachvollziehbar, sagt Bessau. "Aber besser man macht irgendwas als gar nichts."
Regulär kostet der klimafreundliche Versand bei DHL pro Paket 10 Cent. Angesichts von jeweils knapp 20.000 verschickten Müslipaketen in den vergangenen zwei Monaten, konnte Mymuesli jedoch ohnehin gerade neue Preise mit dem Logistiker aushandeln. An den Versandpreisen für die Müsli-Besteller ändert sich daher nichts.
Versandkostenfreie Bestellung
Indirekt wäre dies somit auch schon ein Geschenk für die Kunden, aber es gibt noch ein bißchen mehr. Morgen sind alle Bestellungen bei Mymuesli versandkostenfrei. Und über die Websites von befreundeten Bloggern gibt es sogar die Möglichkeit, eine Woche lang versandkostenfrei zu bestellen. Könnte teuer werden, sagt Bessau. Aber man hat ja nur einmal Einjähriges.
Jetzt doch noch ein Versuch, ein weniger nüchternes Statement zu erhalten: Wie fühlt es sich an, wenn man auf so ein erfolgreiches Jahr zurückblickt? "Ich glaube, wir können ganz zufrieden mit dem sein, was wir erreicht haben", sagt Bessau, "aber für mich ist eher wichtig: Was kommt jetzt? Und nicht so sehr: Was bisher geschah."
Die FTD gratuliert an dieser Stelle übrigens auch nicht. Nicht wegen einer Abneigung gegen Überschwängliches, sondern weil's Unglück bringen soll. Bis morgen.
FTD.de, 29.04.2008
Planung zahlt sich aus: Die Mymuesli-Monatsbilanz April
von Claus Hornung
Berichtet das Fernsehen über die Müslimischer, steigen die Bestellungen rapide an. Dabei brach früher schon mal der Server zusammen. Das ist nun anders, erzählt Mymuesli-Geschäftsführer Hubertus Bessau.
Wie lautet Ihr Gesamturteil über den vergangenen Monat?
Der April war ein guter Monat für Mymuesli. Schon im März deutete sich an, dass sich die Investitionen in Prozesse und Infrastruktur lohnen werden. Dieser Monat hat es noch einmal untermauert: Mymuesli ist auf dem richtigen Weg. Der Sommer kann kommen!
Was haben Sie im vergangenen Monat gelernt?
Eine Selbstverständlichkeit hat sich wieder einmal bewahrheitet: Sorgfältige Analyse und Planung im Vorfeld kann einem später einiges an Arbeit ersparen. In diesem Fall haben sich unsere Überlegungen zu den internen Prozessen und damit verbundene Investitionen überraschend schnell bezahlt gemacht.
Was war die größte Überraschung für Sie?
Am meisten hat mich die Resonanz der Community auf unsere Erdbeeren überrascht - ja fast schon irritiert. Innerhalb kürzester Zeit wurden über 60 Kommentare zu dem ankündigenden Blogpost abgegeben - in Reimform.
Was war der größte Erfolg?
Es gab zwei größte Erfolge im April. Zum einen haben unsere neuen Prozesse die erste Belastungsprobe - einen überraschend ausgestrahlten TV-Beitrag auf VOX - ohne große Schwierigkeiten überstanden. Natürlich sind die Wartezeiten für die Kunden in solchen Stoßzeiten etwas länger als üblich, dies ist jedoch nicht mehr vergleichbar mit der Geduld, die Kunden noch vor ein paar Wochen hätten aufbringen müssen. Dank unserer Sekretärin Simone läuft auch der Support schön reibungslos ab.
Zum anderen haben wir endlich rote Beeren in perfekter Qualität: Bio-Erd- und Himbeeren werden nun extra für uns in einem speziellen Gefriertrocknungsverfahren hergestellt und übertreffen alle geschmacklichen Erwartungen.
Was war das größte Hemmnis?
Mindestens ein Tag Verzögerung ist auf Lieferengpässe zurückzuführen. Zeitweise war der gesamte Markt wie leergefegt. Langsam bekommen wir die stark gestiegenen Getreidepreise zu spüren, möchten die Abgabepreise aber so spät wie möglich erhöhen - am liebsten nie.
Was ist die größte Herausforderung des kommenden Monats?
Unser Affiliate-Programm steht in den Startlöchern. Hierfür gilt es, gute Partner mit hoher Reichweite in relevanten Zielgruppen zu finden.
Wieviel haben Sie diesen Monat investiert?
10.000 Euro
Was war der größte Einzelposten?
Knapp 17.000 Euro für die erste Lieferung unserer neuen Erd- und Himbeeren. Damit lösen sie den bisher dominierenden Spitzenreiter - die Goji-Beeren - ab, für die wir im April 10.000 Euro ausgegeben haben.
FTD.de, 06.05.2008
Müsli Customization 2.0
von Claus Hornung
Das Startup Mymuesli ist bereits Gegenstand zahlreicher Diplom- und Doktorarbeiten. Die Müslimacher helfen den Studenten gern - solang sich deren Themen nicht zu sehr ähneln.
Uni - das hieß für die Mymuesli-Gründer Hubertus Bessau, Max Wittrock und Philipp Kraiss noch vor anderhalb Jahren: Sie sind Studenten, Vorlesungen werden von Professoren gehalten und am Ende schreibt man eine Diplomarbeit.
Heute, gerade mal ein Jahr nach Gründung ihres ersten Unternehmens, haben sich die Rollen vertauscht. Vergangene Woche rief die Universität Wien bei den Müslimachern an, weil sie ein Experiment durchführen will: 20.000 Studenten sollen testen, ob sich das Markenimage von individuell zusammengestelltem Müsli stärker einprägt als das von einem fertig gemischten.
Immer wieder am Lehrpult
Dass ihr Startup Gegenstand akademischer Untersuchungen wird, ist für die Müslimacher inzwischen fast schon Routine. Hubertus Bessau staunt selbst, als er zusammenzählt.
Da war sein Vortrag an der Uni Passau auf Einladung eines seiner früheren Professoren, ein weiterer an der Universität Eichstätt-Ingolstadt. Dazu kommen immer wieder Vorlesungen, in denen Professoren Mymuesli als Beispiel für Mass Customization erwähnen, die Kombination von Massenproduktion mit individuellen Elementen. "Dafür gibt es bis jetzt erst eine Handvoll Beispiele und die kennt schon jeder."
Einmal diente Mymuesli als Case Study für eine Promotionsarbeit an der Uni St. Gallen, sechs Diplomanden schrieben über das Unternehmen und der Student Thomas Hennersdorf absolviert ein fünfmonatiges Praktikum bei Mymuesli, um darüber seine Bachelorarbeit zu schreiben.
Zu ähnlich, zu wenig Zeit
Thema der meisten Studenten: Mass Customization. "Am Anfang war das sehr spannend", sagt Bessau. Und man habe ja auch etwas zurückgeben wollen von dem, was man bei anderen Unternehmern gelernt habe. "Aber inzwischen sagten wir auch schon einmal Nein", sagt Bessau. Zum einen aus Zeitgründen, zum anderen weil die Themen, die die Studenten für ihre Arbeiten wählen, einander zu sehr ähnelten.
"Eine Diplomarbeit soll sich ja mit einem Thema beschäftigen, über das noch niemand geschrieben hat", sagt Bessau. Heißt das, es sollte sich besser nicht melden, wer eine Diplomarbeit schreibt, in deren Titel das Wort "Mass Customization" auftaucht? "Nein", sagt Bessau, "aber 'Die neuen Performer im Internet' oder 'Wie kann Mass Customization und Web 2.0 zum Unternehmenserfolg beitragen' sind nicht optimal."
Hubertus Bessau, Philipp Kraiss und Max Wittrock gehören mit ihrem Startup Mymuesli zu den Gewinnern des FTD-Wettbewerbs "enable2start 2007".
FTD.de, 13.05.2008
Macht mal Platz da!
von Claus Hornung
Erst vor einem halben Jahr hat das Müsli-Start-up neue Lagerräume bezogen. Inzwischen ist es auch dort wieder eng geworden. Zeit, um einmal richtig aufzuräumen.
Als Jungunternehmer muss man auch mal mit anpacken, wenn's schmutzig wird. Vergangene Woche griffen Hubertus Bessau und seine Mitgründer Philipp Kraiss und Max Wittrock, unterstützt von einer Reinigungsfirma, zu Feudel und Wischmop: Großreinigung im Lager.
Eigentlich wird täglich im Lager gereinigt. Aber ohne Tische und Aufbauten konnten die Müslimacher nicht nur gründlicher saubermachen, sondern vor allem neu darüber nachdenken, wie sie den Platz dort besser ausnutzen könnten. Denn nach nur einem halben Jahr im neuen Lager wird es schon wieder eng. Die Zahl der bestellten Müslis überstieg sowohl im April als auch im März den bisherigen Spitzenmonat Dezember um mehr als 30 Prozent. Also wird auch mehr Ware angeliefert. Um die 100 Paletten sind es zurzeit pro Monat. Zum Vergleich: Im August vergangenen Jahres waren es 10 bis 15 monatlich.
Container auf dem Parkplatz?
Um der steigenden Menge Herr zu werden, haben sich die Gründer inzwischen im ganzen Lagergebäude breitgemacht, haben zwei bislang ungenutzte Kellerräume und die Zwischenräume zwischen den Hallentoren mit Waren voll gestellt. Noch müssen sie deshalb keinen Aufschlag zu den bislang 1250 Euro Miete für Lager und Büro bezahlen."Der Vermieter betont immer wieder, wie toll er unsere Idee findet", sagt Bessau.
"Aber irgendwann muss man sich überlegen, wohin man will mit seinem Output", sagt Bessau. Alternativ-Überlegungen gab es daher auch schon: Kartons und Müslidosen außerhalb des Lagers unterbringen, wäre eine. Container auf dem Parkplatz vor der Halle aufstellen, eine andere. Zumindest letztere ist erstmal verworfen. Auch, weil die Großputz-Aktion tatsächlich etwas gebracht hat. Große Paletten zu großen, kleine zu kleinen, selten genutzte Zutaten ganz nach oben stellen - solche scheinbaren Kleinigkeiten machten sich bemerkbar. "Wenn man alles richtig nutzt, könnte man 30 Prozent mehr Platz herausbekommen", schätzt Bessau.
Expansion oder Abo?
Außer, natürlich, wenn das Unternehmen Müsli massiv weiter expandiert. Ins Ausland zum Beispiel. Pläne dafür haben Hubertus Bessau und seine Mitstreiter. "Aber die sind gerade ein wenig ins Stocken geraten." Denn auch die Einrichtung von Müsli-Abos, bei denen man beispielsweise monatlich sein Lieblingsmüsli ins Haus bekommt, steht im Raum. Ende dieser Woche soll entschieden werden, was Vorrang hat.
Beide Pläne auf einmal umsetzten gehe nicht, sagt Bessau. Denn vor einer Expansion über Deutschland hinaus müsste die IT umgerüstet werden. "Das ist aufwendiger als man denkt", sagt Bessau. Der Teufel steckt im Detail: Felder für ausländische Absendeadressen, Übersetzungen, und möglicherweise Währungskonvertierer, und und und. "Das ist doch aufwendiger als man denkt."
FTD.de, 20.05.2008
Jetzt kommt die Werbung
von Claus Hornung
Ein Start-up will ins Fernsehen. Ein Werbespot soll Mymuesli noch bekannter machen. Eine Frage ist bislang ungeklärt: Wie kann man den Zusammenhang zwischen Werbeauftritt und Müslibestellung verfolgen?
Einer der Gründe dafür, dass sich Journalisten, Studenten und Professoren und Menschen, die Preise zu vergeben haben, so sehr für Mymuesli interessieren, ist der, dass das Unternehmen völlig ohne Werbung erfolgreich wurde. Auf Dauer wollen sich Hubertus Bessau und seine zwei Mitgründer darauf jedoch nicht verlassen.
Schon seit einigen Monaten haben sie darum Google Ads geschaltet. 500 bis 1200 Euro kostet sie das im Monat. Der neuste Plan wird deutlich teurer. 28.000 Euro investieren die Müslimacher in einen Fernsehspot. Denn jedes Mal, wenn Mymuesli in einem Fernsehbericht auftauchte, stieg die Zahl der Klicks und Bestellungen deutlich an.
Mitte Juni soll ein einmonatiger Test starten. Wo und wann genau der Spot laufen wird, weiß allerdings niemand. Auch nicht die Agentur, die den Spot produziert, denn die arbeitet nach dem Restposten-Prinzip. Sie kauft Sendeplätze, die kurzfristig frei geworden sind, zu günstigen Preisen ein. "Es kann passieren, dass man am Tag vorher noch nicht weiß, dass ein Spot ausgestrahlt wird", sagt Hubertus Bessau. Grundlegende Einschränkungen geben die Müslimacher aber dennoch vor, schließlich will man seine Werbung nicht inmitten von lauter 0900er-Telefonnummern wiederfinden.
Wie misst man Werbeerfolg?
Ursprünglich sollte das Modell als Affiliate-Marketing funktionieren, soll heißen: Kauft jemand aufgrund der Werbung, gibt es ein Erfolgshonorar für die Agentur. Dafür aber müsste man diesen Zusammenhang nachvollziehen können.
Einerseits gibt es natürlich das "Grundrauschen", wie es Bessau ausdrückt: Die Annahme, dass ein Mehr an Bestellungen durch die Werbung ausgelöst wurde. Schwierig, denn bislang steigen die Umsätze des Unternehmens ohnehin kontinuierlich. Ein Hilfsmittel ist die Angabe im Bestellformular, woher der Besteller Mymuesli kennt.
Der erste Spot fiel durch
"Richtig gut wäre, wenn man eine andere Internetpräsenz nimmt", sagt Hubertus Bessau. "Gut" aber nur im Sinne von Nachvollziehbarkeit. Denn damit laufe man Gefahr, die Marke zu beschädigen. "Wir sind uns schnell einig geworden, dass das nicht das ist, was wir wollen", sagt Bessau, "aber vielleicht finden wir ja doch noch einen Weg, beides unter einen Hut zu kriegen."
Vor einer allerletzten Entscheidung muss allerdings auch erst einmal ein guter Spot gedreht sein. Die Bilder dafür haben die Müslis mit einem befreundeten Kameramann selbst gedreht. Zuvor waren bereits zwei von der Agentur gedrehte Filme durchgefallen. Aber auch die dritte Version ist noch nicht perfekt. Einige Schnitte waren zu schnell, einige Farben zu grell und alles ein bisschen zu eindeutig auf Verkaufe gedreht. Das passe nicht ganz zur Marke, sagt Bessau und greift einmal tief in die Business-Rhetorik-Kiste: "Wir möchten unser Branding strategisch ausbauen."
FTD.de, 27.05.2008
Die Mymuesli-Monatsbilanz Mai: Läuft wie geschmiert
von Claus Hornung
Es ist Routine bei den Müslimachern aus Passau eingekehrt. Zeit für Gründer Hubertus Bessau, eimal wieder eine Fahrradtour zu machen - und den ersten Werbespot für Mymuesli zu planen.
Wie lautet Ihr Gesamturteil über den vergangenen Monat?
Der Mai ist der erste Monat, bei dem wir unsere Zahlen theoretisch mit denen aus dem letzten Jahr vergleich könnten. Das haben wir aber nicht getan, da das Ergebnis wahrscheinlich ohnehin wenig aussagekräftig geworden wäre. Insofern verstrich der Monat relativ entspannt. Ich hatte sogar mal wieder Zeit für eine Radtour mit Freunden, 80 Kilometer in den Biergarten und zurück. Schön, einmal nicht nur an Müsli denken zu müssen.
Was haben Sie im vergangenen Monat gelernt?
Wie gut Mymuesli und Sportzusammen passen. Unser Läufermüsli kommt bei der Marathonvorbereitung so gut an, dass wir nun auch ein Triathlonmüsli entwickelt haben. Das wird bereits von Ironman-Teilnehmern in der Praxis getestet. Offenbar gibt es auch im Sport einen Trend hin zu natürlicher Trainingsunterstützung an Stelle von Chemie.
Was war die größte Überraschung für Sie?
Dass einige Firmen jetzt schon an Weihnachten denken und bei uns vorbestellen, obwohl wir selbst noch gar kein Informationsmaterial parat haben. Wir werden aber dieses Jahr viel höhere Kapazitäten haben. Keine Angst also, etwas Zeit ist ja noch!
Was war der größte Erfolg?
Die Einführung der automatischen Nährwertberechnung in unserem Online-Müslimixer. Danach hatten viele Müslifreunde gefragt, seit wir gestartet sind. Jetzt kann man sein Müsli nicht nur nach dem eigenen Geschmack, sondern auch nach individuellen Ernährungsanforderungen zusammenstellen.
Was war der größte Rückschritt?
Der Mai ist eigentlich ohne große Ausschläge verlaufen, weder positive noch negative. Die Prozesse werden immer ausgereifter, es ist schon eine gewisse Routine und Konstanz zu spüren. Jetzt gilt es, aufgebaute Kapazitäten weiter zu steigern und auszulasten.
Was ist die größte Herausforderung des kommenden Monats?
Für mehr Wachstum durch weitere Marketing- und Absatzkanäle zu sorgen und vorher deren Prioritäten zu bestimmen. Wir haben so viele Ideen, aber es ist schwierig abzuwägen, was das Nächstwichtigste ist. Knappe Ressource ist nach wie vor weniger die Liquidität als vielmehr Manpower. Die müssen wir nachhaltig ausbauen.
Was haben Sie diesen Monat investiert?
Die gesamte Investition im Mai lag bei rund 30.000 Euro. Größter Einzelposten waren 28.000 Euro für eine Werbekampagne, die im Juni getestet werden soll.
FTD.de, 03.06.2008
Teures Getreide, günstige Werbung
von Claus Hornung
Die Getreidepreise explodieren. Das wirkt sich auch auf Hubertus Bessaus Start-up Mymuesli aus: Hoffnungen auf höhere Gewinne pro Müslidose werden sich in absehbarer Zeit nicht erfüllen. Dafür erfüllt sich jetzt der Traum vom ersten eigenen Werbespot.
Der Milchstreik in Deutschland ist beendet. Ob die von den Bauern ausgefochtenen höheren Preise aus Auswirkungen auf den Müsli-Absatz haben, ist ungewiss. Sicherheitshalber hatte Mymuesli auf seiner Internet-Seite alternative Mischungsvarianten mit Fruchtsaft und Smoothies vorgestellt.
Ernsthafte Problem bereiten den Müslimachern hingegen die Getreidepreise. Weil die ständig steigen, müssten auch die Einkaufspreise von Mymuesli und entsprechend die Müslis selbst steigen, sagt Hubertus Bessau. Müssten - aber sie tun es nicht. Denn inzwischen können die Jungunternehmer wegen ihrer hohen Abnahmemengen deutliche Rabatte aushandeln. "Wir hatten gehofft, dass wir dadurch beim Gewinn besser wegkommen", sagt Bessau, etwas zerknirscht. Jetzt gleichen die niedrigen Einkaufspreise die hohen Rohstoffpreise aus. Ein Nullsummenspiel.
Wenn der Gewinn pro Dose derzeit nicht zu steigern ist, ist es umso wichtiger, die Zahl der Käufer zu steigern. Dazu soll auch der Fernseh-Werbespot von Mymuesli beitragen. Der ist inzwischen so gut wie fertig gestellt. Gerade haben Bessau und seine Mitgründer die inzwischen dritte Version durchgewunken. Rund zehn kleine Dinge soll die produzierende Agentur noch ändern. "Aber das sind alles Kleinigkeiten", sagt Bessau. Hier ein dünnerer Rahmen um den Schriftzug, da eine farbliche Anpassung von zwei Logos.
Wenn es Ping macht, gucken die Leute
Sie hätten sich noch einige Änderungen vorstellen können, sagt Bessau. Aber Fernsehen sei nun mal ein neues Feld für sie. "Wenn dann jemand sagt, dass an einer entscheidenden Stelle ein Ping-Geräusch kommen muss, weil dann alle Zuschauer hochgucken, müssen wir das glauben." Der eigene Geschmack müsse da zurückstecken. "Wenn das 200 Prozent mehr Aufmerksamkeit bringt, machen wir das."
Obendrein gebe es auch "gewisse Budgetbeschränkungen", räumt Bessau grinsend ein. 28.000 Euro investieren die Müslimacher in ihren ersten Spot. "Ich fürchte, wir müssen uns damit abfinden, dass das nicht so aussehen kann, wie ein Spot für eine halbe Million Euro."
FTD.de, 10.06.2008
Industrielle Revolution im Müslisektor
von Claus Hornung
Gründer Hubertus Bessau plant Großes. Eine Müsli-Abfüllanlage für 80 Zutaten. Aber selbst wenn alles einmal funktionieren würde - Handarbeit ist bei Mymuesli unersetzlich.
Die industrielle Revolution beginnt in Ostfriesland. Denn wenn klappt, was der in Emden geborene Hubertus Bessau und ein Freund planen, dann steht Mymuesli nicht nur mit seinem Produkt, sondern auch mit seiner Technik weit vorn im Müslimarkt.
Rund 10 Tage war Bessau in der alten Heimat zu Besuch. Ein Teil davon sollte eigentlich auch aus Freizeit bestehen, Anlass für die Reise war schließlich der Geburtstag von Bessaus Vater. "Aber ehrlich gesagt war es mehr Arbeit als in Passau", sagt Bessau. Die meiste Zeit verbrachte er mit erwähntem Freund. Mit dem baute Bessau als Vierjähriger einst seinen ersten Schaltkreis. Heute ist der Freund Elektrotechnik-Ingenieur, Doktorand und Firmen-Inhaber.
Weltweit einzigartige Anlage
Dafür entwickelte er unter anderem ein patentierte Technik, die dafür sorgt, dass Spulen von Feinstdrähten wie Glasfasern mit stets gleicher Geschwindigkeit auf- und abgerollt werden und nicht reißen. Die gleiche Technologie würde auch bei einer Müsli-Abfüllanlage funktionieren, sagt Bessau. Dort würde sie dafür sorgen, dass beispielsweise Haferflocken in einem Behälter gleichzeitig gewogen und aufs Gramm genau dosiert werden können.
Das Ganze funktioniert elektrisch. Ähnliche Systeme, die es schon gibt, öffnen die Dosierklappe mit Druckluft, sagt Bessau. Viel zu energie-intensiv, viel zu umständlich zu installieren mit all den Luftschläuchen. Darum herrscht auch bei größeren Müsliherstellern oft noch Handarbeit vor, Und das selbst bei nur drei bis vier verschiedenen Zutaten. Mymuesli aber plant mit 80.
Geschüttelt, nicht gemischt
Nun baut sein Jugendfreund für 6000 Euro einen Prototypen. Funktioniert der, bekommt jede Zutat einen eigenen Wiege- und Dosierbehälter. "Das kann meines Wissens sonst niemand weltweit", sagt Bessau. Kein Grund für die Mymuesli-Mitarbeiter, um ihren Arbeitsplatz zu fürchten. "Die Anlage lohnt sich erst, wenn man richtig viel produziert." Im Augenblick gehe es vorrangig um eine verlässliche Produktion.
Und überhaupt, mehrere Tätigkeiten müssten ja ohnehin weiter von Hand ausgeführt werden. Zutaten auffüllen, unterschiedlich große Bestellungen in unterschiedlich große Kartons verpacken oder Etikettieren, beispielsweise. Und: Mischen.
Mischen? "Ja", sagt Bessau. Rüttelmaschinen gebe es natürlich in der Industrie. "Aber da passiert das gleiche, was einer Müslidose auch auf dem Transport passieren kann: die größeren Zutaten werden nach oben geschüttelt und bleiben da." Richtig mischen, sagt Bessau, könnte keine Maschine.
FTD.de, 24.06.2008
Die Mymuesli-Quartalsreportage: Frühstück war gestern
von Claus Hornung
Handeln, bevor man handeln muss. Ihr Kerngeschäft haben die Mymuesli-Gründer im Griff. Ihre Quartalszahlen sind mehr als gut. Jetzt geht es um Fertigmischungen, Abos und Expansion
Paletten. Überall Paletten. Tonnen von Säcken mit Haferflocken, Dinkel und Ananasstücken liegen auf den einen, mannshohe Stapel von Müslidosen türmen sich auf den anderen. Rund 200 Quadratmeter umfasst das Hochregallager von Mymuesli im Passauer Gewerbegebiet Sperrwies regulär. Aber derzeit ist das graue Theorie.
Jeder Gang, jeder Vorraum, jeder Keller, den das benachbarte Logistikunternehmen nicht benötigt, ist vollgestellt. Wie viel Quadratmeter es im Augenblick sind? Hubertus Bessau zieht seine Augenbrauen hoch und bläst die Backen auf: "Keine Ahnung. Vielleicht 2000?"
"Das ist nur vorübergehend", wirft sein Mitgründer Max Wittrock schnell ein. "Wir haben alles mal rausgenommen, um in Ruhe zu überlegen, wo wir alles neu hinstellen." Mehr Systematik soll für mehr Platz sorgen: Große Paletten zu großen, kleine zu kleinen, selten benutzte Zutaten kommen ganz nach oben. Bis zu 30 Prozent mehr Fläche wollen die Müslimacher so erreichen. Sie müssen klüger stapeln, sonst platzt ihr Lager aus den Nähten. Für kurze Zeit stand die Idee im Raum, auf dem Parkplatz Container aufzustellen.
Umsatz fast verdoppelt
Es läuft gut. Sehr gut sogar. In den vergangenen drei Monaten hat Mymuesli die Einnahmen fast verdoppelt. Ja, auch die Ausgaben hätten sich deutlich erhöht, sagt Bessau, aber es bliebe dennoch etwas übrig. Er lächelt: "Das macht schon Spaß." Damit es so bleibt, tun die Passauer alles, um nicht zum One-Hit-Wonder der Startup-Szene zu werden: kurz hochgejubelt, schnell wieder vergessen. Bei solchen strategischen Dingen geht schon mal der Manager mit Bessau durch, sprachlich jedenfalls. Dann sagt er Sätze wie diesen: "Es geht nicht nur um Frühstück. Wir wollen alle Lebensbereiche durchdringen."
Was das heißt, ist im Lager deutlich zu sehen. Dort stehen schon lang nicht mehr nur die weißen Dosen mit dem Mymuesli-Schriftzug in Gelb und Pink. Viele haben zusätzlich einen blauen Rand am Boden. Die Mischung, die darin steckt, ist nicht von einem Endverbraucher zusammengestellt worden, sondern von Ernährungswissenschaftlern des Bad Nauheimer Instituts für Sporternährung.
Schon vor Monaten hatte Mymuesli in Kooperation mit einem Fachmagazin für Laufsport das Müsli auf den Markt gebracht. Das Testprojekt hat sich so gut entwickelt, dass es inzwischen nicht nur eine eigene Verpackung für das Läufermüsli gibt, sondern auch erste Varianten: ein Müsli für die Marathonvorbereitung, eines für die letzte Mahlzeit vor dem Start, eines für die Regeneration nach dem Lauf und ein Ironman-Müsli sind in Vorbereitung.
Müsli für jede Zielgruppe
Schwangere, Kinder, Kalorienzähler - jede noch so kleine Zielgruppe nehmen Bessau und seine Mitgründer ins Visier. Bereits jetzt liegt der Anteil der "Ready to Eat"-Mischungen am Umsatz bei 10 bis 15 Prozent, schätzt Bessau, 25 Prozent sollen es werden. Denn trotz der Vorzusammenstellung werde das individuelle Mischen als eine der Grundideen des Unternehmens dabei nicht aufgegeben, sagt er: "Wir können ab einer Dose Bestellmenge produzieren."
Am Telefon spricht Max Wittrock gerade mit einem Vertreter einer weiteren Kundengruppe für Fertigmischungen: Unternehmen, die für Firmenfeiern oder Kunden ein Müsli mit Firmenlogo bestellen. "Wir können Ihnen die ganze Dose nach Ihren Vorgaben bedrucken. Aber das dauert ein paar Wochen", sagt Wittrock in den Hörer. "Oder wir machen einen Aufkleber mit Ihrem Logo drauf. Dann kommt die Lieferung in ein paar Tagen. Und günstiger ist es auch."
Mit einem Weihnachtsmix waren Bessau, Wittrock und ihr Mitgründer Philipp Kraiss vergangenen Winter in diesem Bereich gestartet. Die Bestellungen kamen so zahlreich, dass sie im Dezember vor Arbeit fast zusammenbrachen. Seit Mai trudeln Bestellungen für Weihnachten 2008 ein. Diesmal sorgen die drei vor. Spätestens im Oktober sollen zusätzliche Aushilfen eingestellt werden.
Auch die ersten Hotels haben schon Müslimischungen bestellt, mit einer Betriebskantine laufen Verhandlungen. Bislang kamen die Anfragen von selbst. Werbung war nicht nötig, wie schon zum Start von Mymuesli vor etwas mehr als einem Jahr.
Da machten Blogger das Startup im Internet bekannt. Später sorgten Artikel, Radio- und Fernsehbeiträge für kostenloses Marketing. Noch immer gibt es Anfragen, funktioniert die Mundpropaganda. "Aber irgendwann rennt sich das tot", sagt Bessau. Darum handeln sie jetzt. "Wir wollen Dinge tun, bevor wir sie tun müssen."
Der erste Fernsehspot
Darum gibt es jetzt Anzeigen auf externen Websites, die für jede Bestellung eine Provision erhalten. Und bald läuft die erste Mymuesli-Werbung im Fernsehen. Der Spot ist bereits abgedreht. 28.000 Euro kostet der. Das ist viel Geld für ein Startup, aber ziemlich wenig für einen Fernsehspot.
Dafür gibt es nur Sendeplätze, die kurzfristig frei geworden sind. Und einen Spot, der nach dreimaligem Umschneiden zwar abgesegnet ist, aber noch immer nicht völlig die ästhetischen Ansprüche der Mymuesli-Gründer befriedigt. "Wir müssen uns damit abfinden, dass das nicht so aussehen kann wie ein Spot, der eine halbe Million Euro gekostet hat."
Nächster Schritt ist die Einführung eines Abo-Systems. "Heavy User", wie Bessau sie nennt, erhalten dann jeden Monat oder jede Woche automatisch ihre Müsliration. Das zu programmieren ist aufwendiger als gedacht. Daher liegt die geplante Expansion ins Ausland auf Eis. Für den Augenblick - die Technik für mehrsprachige Bestellseiten samt Währungskonvertierer steht bereits. "Wir können innerhalb von ein paar Wochen starten."
Ernstzunehmende Größe
Inzwischen sind sie eine Größe, die ernst genommen wird. Er wisse, dass große Lebensmittelkonzerne ihre Rezeptvorschläge nachmischten, sagt Bessau. "Die haben uns auf dem Zettel." Aber atmosphärisch habe sich bei Mymuesli nichts verändert. Man sei größer, strukturierter. Aber noch packt jeder der Gründer überall mit an. "Wir wollen nicht soweit kommen, dass einer die Arbeit auf den nächsten Schreibtisch schiebt und sagt: Das ist nicht mein Bereich." Sie spielen mit den Mitarbeitern Basketball auf dem Firmenparkplatz und zeigen auf ihrer Website, wie man aus Müslidosen Tröten für die Fußball-EM bastelt.
Aber manchmal fühlt sich Bessau dann doch schon wie in einem Großkonzern. Wie neulich, als ein paar Mitarbeiterinnen Hilfe brauchten, weil sie den Postwagen nicht verschieben konnten. Ihr direkter Vorgesetzter, Produktionsleiter Gunter Huber, war unterwegs. Und dessen Chef, Hubertus Bessau saß einen Stock über ihnen im Büro. Aber den obersten Boss fragen? Geht nicht, sagten sich die Damen. Und riefen lieber Huber auf dem Handy an.
FTD.de, 01.07.2008
Die Mymuesli-Quartalsbilanz: März 2008 - Mai 2008
von Thomas Clark
Die Umsätze von Mymuesli haben sich mit fast einer halben Million Euro im Vergleich zum vorherigen Quartal fast verdoppelt. Die Ausgaben allerdings auch. Nur das Gehalt der Gründer bleibt stabil.
Bei Mymuesli ging zuletzt die Post ab. Im wahrsten Sinne des Wortes: Müsli im Verkaufswert von 463.000 Euro verließ in den Monaten März-Mai die Produktionsstätte in Passau. Der Logistikpartner DHL hatte jede Menge zu tun, um die rund 50.000 bestellten Dosen rechtzeitig an über 21.000 Haushalte in ganz Deutschland zu transportieren.
Im Frühjahr konnte Mymuesli seinen Umsatz gegenüber den Wintermonaten um über 70 Prozent erhöhen – und ist nun nichtmehr allzu weit entfernt von einer halben Million Umsatz im Quartal.
Einnahmen:
März 131.781 Euro
April 211.869 Euro
Mai 119.509 Euro
Gesamt 463.159 Euro
Doch nicht nur die Erlöse stiegen steil an. Auch die Kosten katapultierten sich nach oben – und zwar um 83 Prozent.
Ausgaben:
März 70.876 Euro
April 189.886 Euro
Mai 131.495 Euro
Gesamt 392.257 Euro
Zwar sank die Gewinnmarge zwischen März und Mai auf 15 Prozent, während sie im Winter noch über 21 Prozent betragen hatte. Doch für so ein junges Unternehmen bleibt die Profitspanne weiter eindrucksvoll, zumal der Quartalsgewinn in absoluten Zahlen von 58.000 auf 71.000 Euro stieg – ein Plus von 22,4 Prozent.
Der üppige Gewinn führte dazu, dass die Kapitalreserven auf dem Geschäftskonto weiter angestiegen sind. Ende Mai hatte das Unternehmen 287.843 Euro auf der hohen Kante. Schon jetzt müssen Hubertus Bessau und seine zwei Gründerkollegen überlegen, wie sie diesen Betrag in den Ausbau des Geschäfts noch in diesem Jahr investieren wollen – sonst freut sich das Finanzamt.
Teure Werbung, niedrige Gehälter
Ein größeres Investment haben die Müslimacher bereits getätigt: Rund 28.000 Euro bezahlten sie für die Produktion eines Werbespots sowie als Anzahlung für die ersten Buchungen von Fernsehwerbezeit. Doch auch hier versuchen die drei Gründer, so billig wie möglich zu agieren.
Durch persönliche Kontakte schafften sie es, dass der Kameramann mit einer eigens entwickelten digitalen Highspeed-Kamera, der regulär 11.000 Euro pro Tag kostet, für einen deutlich niedrigeren Satz arbeitet. Und bei der Buchung von Werbezeit beschränken sich die Müsli-Macher vorerst auf „Last-Minute“-Restplätze, die es besonders günstig gibt.
Geradezu knauserig sind die Geschäftsführer gegenüber sich selbst: Ihr Gehalt beträgt 750 Euro pro Monat. Angekündigt waren schon seit längerem zumindest 1000 Euro pro Kopf. „Ich weiß auch nicht, warum wir das noch nicht gemacht haben“, sagt Hubertus Bessau, „Da müssen wir angeblich noch was mit dem Steuerberater klären.“ Besonders besorgt klingt das nicht. Immerhin einen Luxus hat sich Bessau mittlerweile gegönnt: ein Dienstfahrrad.
Dass die Umsätze im April so enorm hoch waren (über 200.000 Euro), dürfte mit einem erneuten prominenten TV-Bericht über Mymuesli (diesmal auf Vox) sowie der Erwähnung von Mymuesli im Newsletter des Zahlungspartners Paypal zu tun haben, schätzt Bessau.
Den Markt leergekauft
Grund für die hohen Ausgaben im Mai sind laut Bessau einseits das Investment in die bereits erwähnte TV-Werbung, andererseits diverse Vorratskäufe. So bestellte das Unternehmen mehr als 30.000 Mymuesli-Dosen auf Vorrat und kaufte nahezu alle in Deutschland verfügbaren Bestände an getrockneten Bio-Himbeeren und Bio-Erdbeeren auf.
Die nach dem Gefriertrocknungsverfahren haltbar gemachten Bio-Beeren (sie verlieren dabei 88 Prozent ihres Gewichts) haben sich im Quartal folglich auch als größter Einzelausgabeposten erwiesen und schlugen damit die Goji-Beeren aus Tibet, die bislang monatlich ganz oben auf der Ausgabenliste standen.
Prozentual gesehen entfielen im abgelaufenen Quartal rund 30 Prozent der Ausgaben auf Rohstoffe und Material. 15-17 Prozent allein für das Personal, das mittlerweile aus einer Bürokraft, einem Produktionsleister, 40 Mitarbeitern in der Produktion (allesamt auf Basis von 400-Euro-Jobs) sowie fünf Praktikanten besteht. Die Miete für Lager und Büro lag zuletzt bei 4500 Euro pro Monat.
Mymuesli ist weiterhin schuldenfrei.
FTD.de, 01.07.2008
Rüttelrinne schlägt Förderschnecke
von Claus Hornung
Eine Müsliabfüllanlage zu bauen ist gar nicht so leicht. Ein Problem für Gründer Hubertus Bessau: Mit welchen Geräten bekommt man die Zutaten aufs Gramm genau in die Dose?
Schon mal 'ne Müsliabfüllanlage gebaut? Hubertus Bessau auch nicht. Inzwischen ist die Firma Supertek, die für Mymuesli eine solche Anlage bauen soll in der Experimentierphase angelangt. Jetzt weiß Bessau: "Man ist sich nicht bewusst, was da für Probleme auf einen zukommen."
Beispielsweise, mit welchen Maschinen man erreichen kann, dass so unterschiedliche Zutaten wie winzige Mohnsamen und dicke Corncrisps Milligramm- bzw. stückgenau in die Müslidose kommen. Für vieles davon gebe es bereits Lösungen auf dem Markt, erklärt Bessau. "die eigentliche Leistung ist, diese Komponenten in sinnvoller Art und Weise zusammenzuschrauben."
Zutatenbehälter, die möglicherweise so punktgenau verschlossen werden können, sind bereits bestellt. Aber die wahrscheinlichere Lösung scheint bereits jetzt, Zutaten aus dem Lagerbehälter auf etwas drauf fallen zu lassen, bevor sie dann wiederum in die Dosen fallen.
Mögliche Lösung: Die Rüttelrinne (nicht zu verwechseln mit dem gewöhnlichen Rüttelbrett - hier ein Beispiel. So eines hatte Hubertus Bessau übrigens mal bei Ebay ersteigert). Die ist beliebt bei vielen Betrieben in der Lebensmittelindustrie.
Nichts von der Stange
Weit abgeschlagen ist schon jetzt die Förderschnecke. Bei der dreht sich ein Rohr schneckenförmig vom Behälter nach unten. Aber dieser Weg ist verstopfungsgefährdet. Obendrein darf das Ganze nicht zuviel Platz verschlingen. Schließlich gibt es ja 80 Zutaten, die jeweils mit einer einzelnen Schnecke versehen werden müssten.
Generell gilt: Die eingekauften Varianten in ihrer Standardversion reichen für Mymuesli nicht. Denn bei den meisten Lebensmittelbetrieben laufen die Lebensmittel auf den Schienen und Schnecken durch. Die Mymuesli-Variante braucht daher eine aufgemotzte High-Tech-Variante. Eine, bei der eine spezielle Software den Fluss jederzeit stoppen kann. "Jede Zutat bekommt einen Microcontroller", sagt Bessau, "der weiß dann: Ihr seid Erdbeeren. Eine Portion von euch wiegt 25 Gramm."
FTD.de, 08.07.2008